Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1957) (57)

— 186 — Die Flucht muss aus dem Bereiche der Herrschaft führen, dorthin, i 
- wo sie keine Gerichtsbarkeit besitzt," und auch dann bleibt sie ge- fährlich. «Fuga fugientem accusat» — die Flucht klagt den Fliehenden an, heisst es in Kaiser.Karl V. Prozessordnung. Aber in. jedem Falle weist die Universität Salzburg in ihrem Gutachten darauf hin, dass die Flucht allein kein Verhaftungsgründ, noch viel weniger ein Rechts- grund zur Folter sei. Nicht die Flucht, sondern der Charakter des Flie- henden muss betrachtet" werden. Es ist kein'Wunder, dass sich auch der Unschuldigste zu Hause zu bleiben scheut, weil er daran denkt, wie widerrechtlich die Obrigkeit-mit ihren Prozessen umgeht, heisst es einmal im -Gutachten. Nicht aus Bewusstsein eigener Schuld, sondern „ aus Furcht vor Kerker und Folter und vor der Machtlosigkeit gegen die Übergriffe der Obrigkeit geschieht die Flucht: Im. Gefängnis waren die Angeklagten, wie es allgemein üblich war, gefesselt, wohl wie anderswo an Ketten, die an der Mauer befe- stigt waren.. Den Beweis .finden wir in den Worten, es habe der An- geklagte im Gefängnis zweimal versucht, sich von den Banden frei zu machen/ ' ' . «Wenn ich jung wäre,' wollte ich nie mehr in diesem Lande blei- ben», sagt ein alter Vater zu 'seinem Sohne. «Was arbeitest Du noch und begibst Dich nicht aus dem Lande ?» Aber diese Worte werden im Prozess gegen den Vater gemeldet, dessen Mutter schon verbrannt wurde — und ,der -Vater, der die Warnung ausgesprochen, wird selbst ein Opfer des Wahnes und zum Tode, verurteilt. •Welche furchtbare Angst muss im ganzen Lande umgegangen sein, denn niemand war sicher, vor dem Bruder nicht und nicht vor dem Nachbarn, und das geheimnisvolle Buch, in dem die Angebereien niedergelegt waren, war eine beständige. Bedrohung: Wann wird es aufgeschlagen und der Beschluss gefasst, zur Verhaftung zu schreiten ? So flohen denn manche aus dem Lande, wenn sie sich bedroht , fühjten, und es gehörte ein ungeheures Mass von Verzweiflung dazu, Frau urtd Kind zurückzulassen. Die Obrigkeit verfolgte sie nicht nur, wenn sie erreichbar- waren, gegen alles Recht konfiszierte sie einfach den Besitz der Flüchtlinge, ohne jede Anklage, ohne jeden Prozess ! Aus ihrer Verzweiflung heraus aber, fanden sich solche Flücht- linge zusammen und machten die Eingabe an des Kaisers Regierung in Innsbruck, die endlich, endlich zum Erfolg beitrug und viele Leben
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.