Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1957) (57)

— 154 - In Übereinstimmung mit Pfarrer Kriss stellten die Berichterstatter eine, ganz ungeheuerlich'scheinende Behauptung auf, deren Richtig- keit wir später werden beweisen können: Der'übermässige Eifer in der Prozessführung, die vielen Einvernahmen und Verhöre seien zum grossen Teile daraus zu erklären, dass die Untersuchungsrichter,,Be- amten und Beisitzer' an den Prozessen selbst interessiert seien. Sie ha- ben ihre Taggelder und bestätigen sich ihre Gebühren, die . «sportulae», wie sie damals genannt .wurden, noch dazu1 selbst: Zeugenverhöre und Verhaftungen, Prozesse und Folter ohne Ende — und'die Obrigkeit berechnet ihre Gebühren, ein furchtbarer Verdacht, eine üngeheuer- liche Anschuldigung. Schön bei der Gefangennahme wird das Haus nach'Geld durchsucht, und reich ist die Beute,an Konfiskationsgelderh. Es gibt ein Verzeichnis der Einkünfte von Vaduz und Schellenberg, das in elf Jahren bis 1673 einen Durchschnittsertrag' von 6000 Gulden pro Jahr ergibt-1675 sind es 14 621 Gulden, im Jahre 1680" über. 10 000 und 1681 noch 12260 Gulden, und nüchtern wird am Schlüsse der Aufstellung festgestellt, dass die Jahrgänge mit den hohen Beträgen' auf das Ergebnis der Konfiskationen hinweisen ! Übrigens-fliessen nicht alle Beträge dem Grafen direkt zu, sondern sie werden zum Teil zur Abtragung einer Schuld der.Herrschaft verwendet, für welche die Landr - schaft gebürgt hat. Gerade in den Jahren der Hexenprozesse beziehen ganze österreichische Regimenter, im Lande Winterquartier und müs- sen von der Herrschaft verpflegt werden, die bei .verschiedenen Geld- ' gebern im Bündnerländ 12 000 Gulden aufnehmen muss, das Geld aber nur über Bürgschaft der Untertanen erhält' Und nun werden etwa zwei Dritte! der Schulden aus dem Geld der-armen Opfer bezahlt, die ihr Leben unter dem Schwerte des Henkers Hessen ! In scharfen Worten wird festgestellt, dass Beamte, Richter und Beisitzer für so schwerwiegende Prozesse ungeeignet sind.-Lesen wir die Worte des Gutachtens genau, dann bekommen wir eine Ahnung von der Willkür und Formlosigkeit der Prozesse, in denen es um das Leben vieler Menschen geht:.«Der-Rechtsgelehrte, so dem Exämini bei- wohnt, namens Dr. Büchelin, ist ein junger Praktikant, der schwerlich jemalen einen Criminalprozess geführt hat, der jetztige Landvogt gar kein Jurist nicht ist, der Protokollist hat den Tag seines Lebens kein nur., gewöhnliches Gerichtsprotokoll,' geschweigen einen so gefährli- chen Prozess geführt, die Beisitzer aber sind alles gewöhnliche inte- ressierte Bauernmänner». ,
	        

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