Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1956) (56)

— .16 - Am 1. August 1806 gaben 14 der im Rheinbund unter dem Protek- torat- Napoleons vereinigten Fürsten auf Grund des Vertrages vom 12. Juli vor dem Reichstag in Regensburg' die Ekklärung ab, dass sie. sich von ihrer bisherigen Verbindung mit dem deutschen Reichskörper loslösten. Gleichzeitig erklärte. Napoleon, dass er das Dasein der deutschen Verfassung nicht mehr anerkenne, sondern nur die volle und absolute Souveränität eines jeden der Fürsten, deren Staaten das heutige Deutschland bildeten. 10 Tage später übergab der kaiserliche Gesandte den bei dem Reichstage beglaubigten Gesandten der einzel- nen Reichstände (also nicht dem Reichstage selbst) eine vom 6. August 1806 datierte Mitteilung des Kaisers, wodurch dieser bei der Unmög- lichkeit, seine Pflichten als Reichsoberhaupt weiterhin erfüllen zu können, die Erklärung abgab : «Dass Wir das Band, welches Uns bis jetzt an den Staatskörper des Deuschen Reiches gebunden hat, als ge- löst ansehen, dass Wir des Reiches oberhäuptliche Amt und Würde durch die Vereinigung der konföderierten rheinischen Stände als er- loschen, und uns dadurch von allen übernommenen Pflichten gegen das Reich losgezählt betrachten, und die vonwegen desselben bis jetzt getragene Kaiserkrone und geführte kaiserliche Regierung, wie hier- mit geschieht, niederlegen». Zugleich entband der Kaiser alle Reichsangehörigen, namentlich die Mitglieder der hohen Reichsgerichte sowie alle übrigen Reichs- beamten von ihren Verpflichtungen gegen des Reiches Oberhaupt. Ein Reichstagsbeschluss über die Auflösung des Reiches ist nicht mehr gefasst worden. Kaiser Franz zog mit dieser Abdankungserklärung die realpolitischen Folgerungen aus den bestehenden Tatsachen und legte eben den Titel eines- Römischen Kaisers nieder, indem er das Kaiser- tum für erloschen und das Reich für nicht mehr bestehend erklärte. Es war und ist fraglich, ob dies ein rechtsgültiger Akt war, «denn das Reich», so schreibt ein österreichischer Historiker, «war ja kein Verein, den man statutengemäss auflösen konnte. Aber da keine organische Verbindung mehr mit der-überlieferten Reichsverfassung bestand, da es keinen Kaiser mehr gab und auch keine Möglichkeiten mehr, einen neuen zu wählen, musste das Reich von selbst aufhören zu existieren. Mit dem Reich verschwand aber auch die staatspolitische Ordnung des alten Europa. Der Staatsbegriff hätte den Reichsbegriff überwun- den, und Europa musste sich eine andere politische Form geben. Damit entstand ein Problem, das bis heute noch seiner Lösung harrt».
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.