Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1955) (55)

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- III. Für den Flurnameniforscher stellen wohl die schwersten, Auf- gaben jene Bezeichnungen, die schon vor recht langer. Zeit aus ir- gendwelchen Gründen aus dem lebendigen Sprachgebrauch heraus- fielen,' m örtlichkeitsnamen aber weiterlebten und denen das Volk dann nachträglich wieder einen Inhalt gab, indem es irgendwo am lebendigen Sprachschatz — meistens bei einem ähnlich (klingenden Worte — wieder anknüpfte. In der Sprachwissenschaft wird dieser Vorgang mit «Volksetymologie» bezeichnet. Schon in früheren Auf- sätzen habe ich auf solche Vorgänge hingewiesen, so z: B. auf die Entwicklung von Rooß (= Tümpel zum Fäulen des Hanfes und des Flachses) in Rose (= Blume) und die darauf fussenden örtlichkeits- bezeichnungen Rossengarten in Rosengarten, Rossenbühler in Ho- senbühler u. s. w. Etwas ähnliches passierte mit dem alten Ausdruck <:Gol» (= grober Steinschutt), der nachdem er in der Umgangs- sprache nicht mehr benütizt wurde — also isoliert war — in Gold (= Edelmetall) umgedeutet wurde und wir so zu einem Goldloch und einer Goldlochspitze kamen. (Siebe Bergheimat 1953). Durch den eben angedeuteten Vorgang wird oft die eigentliche Herkunft eines Ortsnamens ganz verdeckt, mitunter bekommt so eine Bezeichnung wieder einen vernünftigen Inhalt, der aber mei- stens einer kritischen Überprüfung an Ort und Stelle nicht stand- hält, (z. B. Goldlochspitze, Rosenbühler). Einige weitere solche Beispiele sollen folgen: «Schön Leuten Eggen» heisst ein Bezirk der Alpe Sareis. Eine wirklich blödsinnige Bezeichnung ! Nach der Herkunft dieses Na- mens befragt, kann man von den verschiedenen Personen die ver- schiedensten Antworten hören. Die meisten kommen auf eine Er- klärung die aufs .Spöttische oder Ironische hinausgeht. Diese Erklä- rungsversuche sind aber alle unbefriedigend, nicht überzeugend. Der Flurname «Schön Leuten Eggen» wird aber sofort sinnvoll, wenn wir.statt «Leuten» das alte Wort «Leiten» (imbd.dite) einsetzen. Im Abschnitt II habe ich festgestellt, dass es in Triesenberg heute noch eine Leitenwies gebe und dass Leiten (mhd. Ilten) soviel wie Abhang, Halde bedeute. Alle Abhänge unserer «Schön Leuten Egg» sind schön ausgeglichen und tragen guten Graswuchs. Die Alp- besitzer benannten diese wirklich schönen Hänge mit «Schöne Lei-
	        

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