Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1955) (55)

— 11 — halte zu geben. Und die Volkssouveränität selbst (Rousseau, Con- tract social) und die von Montesquieu geschaffene konstitutionelle Theorie führt über Umwege zur Fiirstensouvcränität. «Aus der blossen Tatsache», sagt Jellinek, «dass die höchste Gewalt ein Recht besitze, schliesst sie, dass es nur ihr zukommen dürfe. Indem sie alle Rechte in den Begriff der Staatsgewalt hineinlegt und hierauf wiederum aus diesem Begriff deduktiv ableitet, wird ihr der Souve- rän zum alleinigen ursprünglichen Inhaber aller Herrschaftsrechte. Damit wird alle Innehabung solchen Rechtes durch nichtstaatliche, individuelle oder Verbandspersonen zur Usurpation.»22 Mit andern Worten: Souveränität war Fürsten-Souveränität. Auch im frühen 19. Jahrhundert änderten sich die Verhältnisse grundsätzlich nicht. Das Königtum gewahrte in der Restaurations- zeit dem Volk Teilnahme an den iSouveränitätsrechten.23 Die Wiener Schlussakte bekannten sich formell zur grundgesetzlich festgelegten Teilnahme des Volkes an den Souveränitätsrechten.24 In neuerer Zeit ist der Begriff Souveränität immer klarer fass- bar geworden. Er wurde vom Träger der Staatsgewalt getrennt und als Eigenschaft der Staatsgewalt schlechthin bezeichnet: Souveräni- tät ist die Fähigkeit rechtlicher Selbstbestimmung und Selbstbindung. Die Entwicklung führt vom 12. und 13. Jahrhundert, der Ent- stehungszeit der 'Souveränitätsidee, zu Bodin, der die bisherigen heterogenen Elemente in eine Formel zwang. Schon Bodin, dann vor allem Sozialkonträkts-Anhänger und Naturrechtler füllten die ur- sprünglich negative Definition der Souveränität (Gewalt, die keine höhere übersieh kennt) mit totalitären Ansprüchen an und brachten sie in Verbindung mit dem Träger der absoluten Staatsgewalt. Unter dem Einfluss kantisc'her Ethik sahen vor allem deutsche Staatsrecht- ler in der Souveränität eine formale Eigenschaft autonomer Staats- gewalt. Damit ist der' Begriff der Souveränität und der Umkreis dieses Begriffes in seiner historischen Vielschichtigkeit beleuchtet. 22. Jellinek 1. c., 464; vgl. Rede Schupplers an die Aufständischen im Jahre 1809, Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, abgekürzt JB., Jahrg. 1905, 208 ff. 23. Altmann Wilh., Ausgew. Urkunden zur ausserdeutschen Verfassungsgeschichle seit 1776, Berlin 1913, 220 ff., Charte eonstitutionelle francaise 1814, juin 4. 24. Jellinek 1. c, 472 f. .
	        

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