Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1953) (53)

— 62 — nicht Rechtfertigung in der eisigen Vernunft des Kaisers fand, was «nicht dogmatische und innerliche, die Seele allein angehende Dinge» betraf,7 wurde durch den rechnenden Utilitarismus des Kaisers ge- regelt:8 Das Vermögen der Bruderschaften übernahm der Staat," der Staat überwachte die Heranbildung der Priester, der Staat gab Vorschriften über kirchliche Zeremonien, der Staat schrieb den Geistlichen ihre Pflichten vor. Der josefinische Pfarrer sollte ein Dorfvater werden, der für das leibliche Wohl seiner Pfarrkinder ebenso zu sorgen hatte, wie für ihr Seelenheil.1" Säkularisiertes Christentum lähmte den Höhenflug christlichen Geistes. Ein Schat- ten der neuen Ideen fiel auf Liechtenstein. Die Beziehungen des souveränen Fürstentums zur Kirche stan- den unter dem Einfluss josefinischer Ideen, was sich in der rück- sichtslosen Zentralisation aller staatlichen Kräfte und in der Beto- nung der absoluten Macht des Staates offenbarte. Freilich hatte sich das Verhältnis von Kirche und Staat in Liechtenstein zur Zeit des Rheinbundes nicht derart geändert, dass mau, wie in Frankreich, Min einer totalen Umwälzung reden könnte: denn die innere, reli- giöse Haltung des Volkes vermochten zeitbedingte Auffassungen nicht zu ändern. Wenn Schuppler hie und da auf die «geläuterten Grundsätze der Gottesverehrung»,11 in einer übrigens typisch jose- finischen Redewendung,12 hinwies, so tat er das aus Sympathie für die .Neuerung. Die Bemühungen der Obrigkeit, von der Betonung der Landes- grenzen und der Souveränität abgesehen, brachten die Entwicklung dahin, dass Liechtenstein ein Landesvikariat wurde, ohne dass ein eigens hiezu abgefasstes Dokument vorhanden wäre.13 Vor 1717 ge- hörten die beiden Landschaften zum «Kapitel unter der Landqoiart», alsdann schlössen sie sich dem Kapitel des Wallgaues an.14 Neben 7. 1. c. 572. 8. Winter, 127 ff.; Holzknecht. 66 ff. 9. Winter, 131, 242 ff. 10. I. c. 159 ff., 175 ff. 11. l.RA. Fasz. PI 245/pol. Schuppler an den Bischof, 12. April 1809. 12. Winter, 129. 13. Frommelt, 213 f. 14. Hist. Atlas d. Schweiz. Aarau 1951, Karte 11: Büchel, Schaan. 32.
	        

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