Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1953) (53)

- 36 — der Landvogt fügte hinzu: Es «ist auch wahr, denn er kann weder lesen noch schreiben . . .».42 Ein weiterer Missbrauch bei Bestellung der Landammänner, bei der Vereidigung der Volksbehörden, sowie bei Erbschaftstei- lungen durch die Richter43 bestand darin, dass die Wähler oder die Beamten zuviel tranken und auf Kosten anderer gut speisten.44 Landschreiber Fritz .berichtet in einem nicht gerade sehr glaubwür- digen Ton, dass die Wähler zur Wahl des Landammannes «schon voll betrunken auf den Platz» taumelten.45 Noch kurz vor dem Sturz der Landammannverfassung gerieten die Säckelmeister und Richter in der Herrschaft Schellenberg wegen allzu grossen Auslagen bei der Vereidigung der Geschworenen in einen heftigen Streit.46 Teil- weise wurde im übrigen die Kosten- und Verpflegungsfrage schon durch den Erlass des Fürsten Wenzel vom 25. September 1733 ge- regelt.47 Das fürstliche Dekret schaffte die von Landammännern, Gerichten und Geschworenen «bishero dem gemeinen Mann und Land zu Schaden» gehaltenen Zehrungen ab und setzte Taggelder fest.48 Die Bestimmungen scheinen in der Folge allerdings nicht ganz eingehalten worden zu sein,49 zumal auch in der Schweiz, besonders im benachbarten Graubünden, die Richter gerne zechten.50 Neben diesen Misständen lief die alte Verfassung Gefahr, ins Lächerliche und Komische abzugleiten. Verschiedene Differenzen und Streitigkeiten, die sich zu Ende des 18. Jahrhunderts bei Rich- terwahlen zutrugen, glichen einem bäuerlichen Karneval. Die Zän- 42. HK. Wien L 2 — 3, 3, Bericht Menzingers, 24. Dez. 1799. 43. LRA. SR. Fasz. L 3 346/pol., Bericht Schupplers, 27. Juli 1809. 44. 1. c, AR. Fasz. I, Bericht Menzingers, 12. Juni 1805. 45. BF. HK. Wien (1784) L 2 — 14. Landschreiber Fritz macht in seinem Be- richt durchaus den Eindruck eines naiven und ungebildeten Schreibers. 46. HK. Wien, L2-3,8, Bericht Menzingers, 29. Nov. 1793. 47. Feger, 96. 48. 1. c, 98. 49. HK. Wien L 2 — 3, 8, Bericht Menzingers 29. Nov. 1793. Das Gericht nahm bei Geschworenenbesatzung Mahlzeiten ein. 50. Gagliardi, 1175.
	        

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