Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1953) (53)

_ ll<) _ werk zu legen. Ein Beispiel genüge für viele: Nach der Jahrhunderl- wende behandelte ein Quacksalber ein Kind, das, wie es in den Akten lioisst, am «Erbgrind» litt. Um die ganze Behandlung schmerz- los zu machen, verabreichte der Medizinmann ein «Trünkel». Nach- dem die Eltern dem Kinde die «Sauce eingebettelt» hatten, starb der kleine Patient kurz darauf, da er 2'/* Gramm Opium zur schmerzlosen Behandlung bekommen hatte.150 Im Jahre 1808 erliess der Landvogt eine Verordnung, laut der das Ausüben einer ärzt- lichen Praxis ohne Zeugnis verboten wurde.1-"'1 Dem neuen Landschaftsarzt erwuchs im Jahr 1812 durch die Einführung des Impfzwanges eine grosse Aufgabe.132 Schon um 1796 hatte der, englische Arzt Eduard Jenner die Kühpockenimpfung ge- gen Blattern verwandt, und seither hat das Verfahren den Sieges- zug durch die Länder Europas angetreten.1''3 In Liechtenstein jedoch traf der Impfzwang auf Widerstand der Bevölkerung, und nur die Energie des Landvogtes und die Klugheit des Landarztes setzten diese in ihrem Wesen heute noch gültige Verordnung diirch.1''4 Um die Untertanen für die Schutzimpfung zu gewinnen, versuchte der Landvogt alles Menschenmögliche; er appellierte an die Pflicht der Eltern, füv die Gesundheit der Kinder besorgt zu sein, fügte Ver- mint tgründe an, drohte mit dem verpflichtenden Befehl des Fürsten, schrieb vom geschuldeten Gehorsam der Untertanen gegen die Obrigkeit, versprach dem Volke die besten Folgen für die allgemeine Wohlfahrt und wies auf die anderen Rheinbundstaaten hin, von denen die meisten die Impfung eingeführt hätten. Der Landvogt er- klärte: «Nur eigensinnige und gegen alle neuen Erfindungen stre- bende Menschen werden dagegen reden und fauchein.» Die Geist- lichen wurden angehalten, von der Kanzel zu verkünden, es sei der fürstliche Wille, dass «alle den Blattern noch nicht unterworfenen Menschen im ganzen Fürstentum geimpft werden».155Einige Wochen 150. 1. <•., Verhörsprotokoll, 21. Hornung 1803; 1. c., ärztliches Gutachten, 27. Jan. 1803. Durch ein ähnliches Verfahren wurde im selben Jahr ein 12-jähriger Bub in Sehellenberg getötet. 151. 1. c. Verordnung des Landvogtes, 27. März 1808. 152. März 1812. Amtsprotokoll: vgl. Hirn, 64. 153. Schnabel III, 195. 154. Vgl. Lieehtenst. Gesetzblatt Nr. 4. 8. Okt. 1874. 155. LRA. SR. Fasz. 07, 80'pol., Zirkular an die Geistlichen, 7. März 1812.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.