Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1952) (52)

— 233 — zeichnet sich unsere Tafel aus durch besondere Kraft und Fort- schrittlichkeit. Die bildliche Darstellung der Tafel zeigt einerseits die Marter der Zehntausend, anderseits die Geisselung Christi. Das Massenmartyrum Unter König Scbapur II. in Persien um die Mitte des 4. Jahrhunderts scheint im ausgehenden Mittelalter eine besondere Aufmerksamkeit gefunden zu haben. Wir finden die Dar- stellung besonders auf österreichischem und süddeutschen Gebiet, also im weiteren Donaugebiet. Es seien, um nur allgemein Bekann- tes und Nächstliegendes anzuführen, erwähnt : Zeichnung, Holz- schnitt und Gemälde von Dürer, sowie die Darstellung (ca. 1490) auf dem Altar der Schlosskapelle in Vaduz. Ich finde die Vorliebe für diesen Stoff in der bereits drohenden Türkengefahr begründet. Die besondere Gefahr vom Osten her wurde in solch grausamen Dar- stellungen eindringlich vorgestellt und der Widerstandswille dadurch wach gehalten. Die anderseitige Darstellung aus der Leidensge- schichte des Herrn findet sich zu damaliger Zeit oft und allerwärts, im Gegensatz zur heutgen Kunst, in der das Bild der Geisselung durch die Kreuzwegdarstellung leider verdrängt erscheint und sel- ben gemalt wird. Erhalten sind vom alten Altarflügel eine Haupttafel 70/90 cm und drei kleinere Bruchstücke je ca. 11/35 cm, — eigentlich waren es vier aber zwei davon passten in der Bruchseite genau zusammen und konnten verleimt werden. Diese Bruchstücke sind seltsamer- weise bis jetzt nicht zur Tafel bezogen worden, auch von Prof. Nigg nicht, obwohl sie mit aller Sicherheit und ohne all zu grosse Schwie- rigkeit als dazu gehörig zu erkennen sind. Sie sind für die Tafel von besonderer Bedeutung, weil »ie über die Gestaltung des Ge- samtbildes den nötigen Aufschluss vermitteln. Die genauere Be- schreibung wird dies klar ersichtlich dartun. Die ursprüngliche FTügeltafel wurde also arg verstümmelt und von allen vier Seiten besonders von ober her stark eingekürzt. Ohne einen unnötigen Centimeter beizufügen, ergibt sich für das Bild eine ursprüngliche Mindestgrösse von 80/150 cm. Hieraus kann auf das stattliche Al- tarwerk geschlossen werden, dessen Aufbau bei geöffneten Flügeln immerhin ca. 4 Meter breit sein musste, was nur für den Hochaltar
	        

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