Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1950) (50)

— 72 — Spielerei einen klaren Ausdruck zu prägen und diesem Ausdruck alles unterzuordnen. Nicht mehr das Zufällige und Gefällige der Erscheinung, sondern die eindringliche Wahrheit des inneren Ge- haltes und dessen Erlebnis zwingen jetzt Material und Form. Damit ist Nigg zum Expressionisten seiner Art geworden, ohne sich einer neuen Stilmode zu verschreiben, vielmehr um seiner inneren Art zu genügen. Wir bedauern fast, daß nun nicht der „Maler" einsetzt, um wenigstens einige Blätter dieser letzten Arbeit in freier Mal- technik völlig ins Reine zu setzen. Die Ausführung als Stickerei mit ihrer straffen, materialbedingten Form und Bindung vermag dem freien, unmittelbaren Ausdruck dieser Zeichnungen nicht mehr ge- recht zu werden und lahmt die ursprüngliche Kraft und Ergriffen- heit, die oft so überzeugend aus ein paar Strichen dieser Zeichnungen und Skizzen spricht. Die technischen Mittel seiner Arbeit sind eben- falls vereinfacht und fast immer die gleichen: ein breiter Eraphit- stift statt Kohle und Wasserfarbe, selten Farbstift, für den farbigen Austrag. Auch läszt er feine Entwurfsumrisse phototechni ch „pausen"^ um für die Farbstudien die nötigen Unterlagen zu haben. Die Kraft seines Ausdruckes liegt bei Nigg durchwegs in der Eesamtposition, weniger im Einzelnen. Eine seelisch belebte Linie ist seinem Werk fremd. Nachdem Nigg diese Ausdruckssähigkeit in sich gefunden, wendet er sich einer höheren Thematik zu. Die religiösen Stoffe, an die er sich bisan nur ganz zaghaft gewagt, treten nun in den Vordergrund und nehmen schließlich seine ganze Kunst in Anspruch. Es sind vor allem die Evangelienberichte, die er jedenfalls mit der Absicht eines umfassenden Planes bearbeitet. Was Nigz früher an solchen Ar- beiten geschaffen, wird in der Erkenntnis einer neuen Kunstan- schauung neu geformt und gewissermaßen in die endgültige Fassung gebracht. Es wäre allerdings verfehlt zu denken, unser Künstler hätte nun eine Art Zauberformel gefunden, mit der alles im Hand- umdrehen zurecht gekommen wäre. Es ist vielmehr eine recht müh- same Arbeit, sich innerlich so gründlich zu wenden und nur mit dem ihm eigenen Fleiß und seiner Unverdrossenheit wird es möglich, mit seinen neuen Anschauungen sertig zu werden. Jetzt erst ist der eigentliche Künstler in ihm nach langem, stillem Werden gebo- ren. Aber so rastlos er früher in seiner Arbeit aufgegangen, eben so unabbringlich sitzt er jetzt an seiner Kunst, nur ganz
	        

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