Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1905) (5)

— 53 — unterschiedliche Klassen eingeteilt werden. Die ersten sind die in absteigender Linie, als Kinder, Enkel, Urenkel usw. Die zweiten sind die in aufsteigender Linie, als Vater und Mutter, Großeltern usw. Die dritten sind die in den Seitenlinien, als Brüder und Schwestern und deren Nachkommen, die Geschwister der Großeltern usw. Die in diesen verschiedenen Linien vor- kommenden Fälle iverden nun näher ausgeführt uud jedesmal durch beigefügte Beispiele und Stammbäume erläutert und erklärt. Dann folgen noch zwei besondere Abschnitte, welche von der „Erbnemung der Eheleute und der Obrigkhait" handeln. In ersterer Beziehung sind nachstehende Bestimmungen hervorzuheben. Stirbt der Mann, so erhält die hinterlassene Witwe das anfänglich ihrem Mann zugebrachte Gut und den dritten Teil des während der Ehe erworbenen Gutes, das übrige erben die Kinder oder, wenn die Ehe kinderlos blieb, die nächsten Verwandten des Mannes. Stirbt aber die Frau zuerst, so erhält der Hinterbliebene Witwer das von ihm in die Ehe gebrachte Gut uud zwei Teile des während der Ehe erworbenen Gutes, das restliche Drittel und das von der Frau in die Ehe gebrachte Gut fällt an die Kinder, oder wenn keine da sind, an die nächsten Verwandten der Frau. Es ist hier zu beachten, daß bei gegenseitiger Beerbung von Eheleuten eine Bevorzugung des Mannes gegenüber der Frau stattsiudet, während bei der Erbfolge in der absteigenden, aufsteigenden und seitlichen Linie die männliche und weibliche Seite gleich- mäßig erben. Von den Fällen, in welchen die Güter der Obrigkeit anheimfallen, verdienen folgende besondere Erwähnung. Uneheliche Kinder waren vom Erbe ausgeschlossen; ihre erwor- benen Güter fielen, wenn sie ohne eheliche Leiberben mit Tod abgingen, der Obrigkeit zu. Das gleiche hatte einzutreten, wenn „es sich begebe, was doch Gott der Allmechtige gnediglich ver- hüten welle, das einer aus unsern Unterthanen fürsetzlicher Weis außerhalb einer Taubsucht') oder derglcich sich selber eutleibeu thette." Ebenso fiel das ganze Hab und Gut der „Malefizischen Versöhnen" -) uud derjenigen, welche des Landes verwiesen waren, der Obrigkeit anheim. Taubsucht — Tobsucht, Irrsinn. 2) Malefizische Personen — solche, welche durch ein Verbrechen das Leben verwirkt hatten. 4
	        

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