— 175 — schildert; wir behalten uns vor, auf mehrere markante Einzel- heiten im Vorübergehen noch besonders aufmerksam zu machen. Der Fürst hatte bald nach seinem Regierungsantritte verschiedene in volkswirtschaftlicher Hinsicht wichtige Verfü- gungen erlassen, z. B. im Jahre 1806 das Verbot der Güter- zerstückelung und im Jahre 1807 eine für die damaligen Ver- hältnisse sehr praktische Steuerordnung, welche alten, ganz, unerträglichen Zuständen ein Ende bereitete und eine allge- meine Besteuerung einführte; sollten aber, wie der Fürst wünschte, weitere Fortschritte gemacht werden, so mußte vor allem mit einer überlebte:?, an die Uranfänge staatlicher Ad- ministration gemahnenden Einrichtung, welche die Quelle zahlreicher Mißbräuche war, gebrochen werden: die Insti- tution der Landammänner mußte fallen. Jede Gemeinde des Fürstentums wählte nach Verhältnis der Bevölkerungszahl mehrere Gerichtspersonen; der Vorstand der so gewählten Gerichtspersonen war in jeder der beiden Herrschasten Vaduz und Schellenberg ein sogenannter Lakidammcmn,') welcher je- weilig für eine dreijährige Periode durch die Mehrheit der stimmfähigen Männer aller zur betreffenden Herrschaft ge- hörigen Gemeinden aus drei vom fürstlichen Oberamte vorge- schlagenen Gcrichtspersonen gewählt wurde; jeder Lnndammnnn hatte einen Diener zur Seite, der Landwcibel genannt wurde. Die Gerichtspersonen entschieden alle Streitfälle, pflogen die Verlassenschastsabhandlungen, nahmen die bezüglichen Ver- mögensteilungen vor, trieben Schulden ein, verhängten Exeku- tionen, kurz, waren überhaupt im ausgedehntesten Sinne die eigentliche Gerichtsbehörde der betreffenden Landschaft; von ihnen ging der Rechtszng an das Oberamt, das aber immer an Verhörstagen den amtstragenden Landammann als Mit- richter beiziehen mußte, der für jeden Verhörstag Diäten be- zog. Der Landammann handhabte auch die Polizei und das Armenwesen der Landschaft,-) schrieb in den Gemeinden die Steuern aus, bezahlte mit den eingegangenen Geldern die Der Landammann, meistens ein einsacher Bauersmann, dem das Schreiben schwer von- der Hand ging, wurde hochtrabend „regie- render Landammann" genannt; vgl. Buchet, S. 83. 2) Vgl. Kaiser, S. 497.