Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1944) (44)

— 87 — fand 
in Disentis die 
Schlußfeier statt, an welcher 
Rektor Kaiser wie gewöhnlich auch das Wort ergreifen mußte. Während uns der Chronist von fast allen andern 
Reden, selbst von denen der Studen- ten, ausführlich berichtet, meldet er hier nur 
lakonisch: „Herr Rector Kaiser machte über 
die Heranbildung der Jugend viele Worte und nahm dann endlich, im Namen der ganzen Schule dankend, von dem Kloster Abschied."') Was immer er auch in persönlicher Hinsicht gesagt hätte, es wäre doch 
von dieser oder jener Seite leicht miß- deutet worden. So verstehen wir, daß er einfach darüber hinweg- ging, um die Wogen möglichst zu glätten. Der Klosterchronist empfand die Reden 
Kaisers schon früher als Vielrednerei.?) Es ist richtig, daß er von 
seiner Hegel'schen Schule 
her sehr leicht in allgemeinen Begriffen und 
Anschauungen sich ausdrückte. Aber meistens wollte er in feiner, für manche eben nur zu feiner Art, ohne jeglichen Seitenhieb, wir würden mit 
Tacitus sagen, sine studio et ira, Vor- und Nachteile herausheben und dann 
nur bescheiden seine eigenen Ansichten 
hervorleuchten lassen. Wenn Kaiser nicht ein so ruhiger Diplomat gewesen wäre, hätte er 
nicht so lange an der Disentiser Kantonsschule das schwierige Rektoratsamt bekleiden können. Der Liechtensteiner war, um ein Wort Vismarcks zu ge- brauchen, 
der typische „ehrliche 
Makler". Dieses vorsichtige und kluge Zaudern und Lavieren entsprach seinem ruhigen und verstandes- mäßigen Charakter.') Wie nun auch immer die Schlußrede gelautet haben 
mag, Kaiser verließ Disentis als Ehrenmann. Abt Adalgott Waller stellte ihm bekanntlich 
am 28. Oktober 1842 das Zeugnis aus, daß er „als Professor oder als 
Rector stets christlich katholische Grundsätze geäußert und gelehrt 
und sich so sittsam aufgeführt, daß er sowohl in religiöser als moralischer Beziehung bei uns alle Achtung, Ehre und großes Lob erworben hat"/) Man 
kann dieses Zeugnis wohl etwas abschwächen, denn Abt 
Adalgott, dessen Seh- kraft durch ein Augenleiden getrübt 
war, besaß wenig Menschen- 1) Dominus Rector Petrus Kaiser de instructione juventutis multa verbo iecit, et tandem gratias agens nomine totius jcolae monasterio vale- dixit. Chronica Monasterii II. S. 143. 2) Chronica Monasterii II. S. 8? zu 18-10: multa verba. ->) Programm der Churer Kantonsschule 1864. S. 26. Das Muster einer diplomatischen Rede Kaisers im Bündner. Monatsblatt 1 (185») 107—111. «) Chronica Monasterii II. S. 164—165.
	        

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