— 29 — gräflichen Gewalt nicht geduldet zu
haben scheint. Allerdings haben im Frankenreiche
die Bischöfe keineswegs bloß als kirchliche Würden- träger, sondern auch als Staatsdiener gegolten.
Der Bischof und der Rektor wurden durch Bolkswahlen berufen, die der königlichen Bestätigung bedurften. Die Rätier baten den
König, sie gegen Beeinträchtigungen in seinen Schutz und Schirm zu nehmen, und Karl sagte ihnen dieses zu'). Etwa um 803 erließ Bischof und Rektor Remedius einStraf
- gesetz, das ohne Zweifel größtenteils nur eine Aufzeichnung in Churrätien schon bestehender Rechtsgewohnheiten war. Es behan- delte
in 12 Artikeln die damals häufigsten
und schwersten Ver- brechen und wurde für die
Romanen erlassen. Dieses Strafgesetz bestätigt, daß bloß die romanische Bevölkerung unter
der selb- ständigen Verfassung
Churrätiens stand, wogegen die deutschen Einwanderer dem benachbarten deutschen Gau einverleibt waren. Die obersten Beamten des Bischofs und Rektors waren der Käm- merer oder Schatzmeister, der Mundschenk oder Kellermeister, der Seneschalk oder Aufseher über das Hauswesen, der öffentliche Rich- ter und der
Stallmeister. Diesen fünf obersten Beamten standen am nächsten die Schultheißen oder Unterrichterd. Die Bezirke, in welche Churrätien eingeteilt war und denen ein Schultheiß vorstand, kennt man aus einer Urkunde
des 11. Jahr- hunderts.
Darunter ist genannt „In Planis", welcher
die Kreise Maienfeld, Oberrheintal, Sarganserland, Easterland bis Schanis und das heutige Fürstentum Liechtenstein umfaßtes. Hinsichtlich der persönlichen Stellung der Bewohner kennt das Gesetz bloß drei Klaffen: Leibeigene, Freigelassene und Freied. Als Strafarten nennt
das Gesetz für die von ihm behandelten Verbrechen: Geldbußen, körperliche Strafen verschiedener Art, Ein- kerkerung und Verlust des freien Standes^, i) Planta: a.a.O.. S. 301 u. ff. s) Planta: a.a.O.. S. 309 u. ff. ->) Pianta: a.a.O.. S. 31-t. <) Planta: a.a.O.. S. 319. 5) Planta: a.a.O.. S. 323.