Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1940) (40)

— 231 — als jedes andere. Im übrigen finden sich naturgemäß mit die schön- sten Fugen des großen Fugenmeisters in diesen Orgelsonaten, so in Nr. 1', 4 (chromatische), 11 und so fort. Die Orgelsonaten führten Rheinberger von selbst zur Wiedererweckung des Orgelkonzer- tes. Vor allem das erste der beiden in Frage kommenden Werke (op. 137, I^-Dur), ein Stück, an dem Rheinberger in besonderer Schaffensfreude gearbeitet zu haben scheint, fesselt durch Frische, Kernigkeit, Stil und — instrumentales Kolorit. Das begleitende Orchester besteht aus Streichern und 3 Hörnern und ergänzt mit ihnen in feiner Beobachtung jene Farben, welche die Orgel in der Regel nicht gibt. Rheinbergers Größe ruht in seinem absoluten Musikertum. Bei Gebrauch des Kennworts „absolute Musik" wird freilich vergessen, daß zahlreiche Wurzeln der so bezeichneten Kunst vom Absoluten hinwegleiten zu Poesie und Tanz als ihren Anfängen i ebenso häufig aber, daß es selbständige Anfänge und eine selbständige Entwicklung der Musik gegeben hat, deren Erreger der Jnstrumen- talspieltrieb und die Bevorzugung des Allgemeinen, des Stim- mungsausdrucks, vor dem Besonderen gewesen sind. In der großen Bewegung des 19. Jahrhunderts, in welcher die beiden Poesiearten, wie Cornelius einmal von Dichtung und Musik sagt, einander so energisch wieder zustrebten, stand Rheinberger beiseite. Die Gründe hiefür lagen in der spezifischen Art seiner musikalischen Begabung und Erziehung, sodann im Maß seiner ästhetischen und allgemeinen Bildung. Auch der Umstand, daß Rheinbergers ihn hochverehrende und treu geleitende Gattin ohne außergewöhnliche Begabung dich- tete und er zahlreiche dieser Dichtungen komponierte, fällt ins Gewicht. Der „absolute" Musiker läßt sich bei Rheinberger zu wenig vom Dichter einreden. Seine Gefühlswelt war nicht vielseitig und reizbar genug, um den stets neuen Anforderungen der Poesie stets neuartig und tiefgehend zu folgen. So ist Rheinberger als Vokal- komponist vielfach bei Andeutung der allgemeinen Stimmung der ergriffenen Dichtungen verblieben, vielfach hat aber auch kurzweg der Musiker nach der ersten Anregung alles weitere abgelehnt. Der Meister beginnt über den Worten zu musizieren und schließlich dahin zu treiben, wohin ihn eben das Motiv und dessen Entwicklung
	        

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