Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1940) (40)

— 200 — Mangel erklärte, ließ mich Rheinberger frei spielen und unterbrach mich mit den gütigen Worten: „Nun — das geht ja sehr gut". So war es mir vergönnt, neben dem großzügigen Klavier- studium unter Bertholt» Kellermann die 4 Jahre meines Studiums bei Josef Vecht, Rheinbergers Nachfolger als Hofkapellmeister an der Allerheiligen-Hofkirche, so gut wie alle damals bekannten Werke für Orgel, vor allem neben Bach die Schöpfungen unseres Meisters nicht nur kennenzulernen, sondern bis zur Konzertreife zu studieren, zu spielen. Dem geflügelten Worte folgend „Was du ererbt..., erwirb es. um es zu besitzen", besitze ich heute noch alle Studienwerke, die sämtlichen 20 Sonaten und die beiden Konzerte mit Orchester; besitze aber auch eine große Zahl seiner Klavierwerke, Kammermusik und den „Christophorus", der, wie aus einer Vorahnung heraus, im letzten Jahre seines hohen Lehramtes an der Akademie unter der Leitung Hans Vußmeyers von der Chor- und Orchesterklasse be- geistert aufgeführt wurde. Mir wurde dabei die Aufgabe zuteil, die Solopartien mit den Solisten, vor allem dem stimm- und gesang- begabten Leipziger Kammersänger Alfred Kase einzustudieren und dem Meister vorzuführen. Was der Meister — als echter Christophorus — der Kirchen- musik an großen und kleineren Werken geschenkt hat, wird seine besondere Würdigung in diesen Blättern erfahren wie auch die reiche Ausbeute an weltlicher Chormusik. Schon viele Jähre der praktischen Ausübung des Orgelspieles entrückt, konnte ich dennoch 1922 als Konservatoriumsdirektor in Karlsruhe den Wunsch des um das Kunst- und Musikleben der Stadt hochverdienten Oberbürgermeisters l)r. Karl Finter erfüllen und zur Einweihung der mit hohen Aufwendungen aus dem Kon- zerthaus in die große Festhalle versetzten mächtigen Orgel einige Werke spielen. Neben der L-ä-O-tt-Phantasie Liszts spielte ich Rhein- bergers Konzert f-Dur mit Orchester, dieses unter Leitung des Rheinberger-Schülers, des damaligen Hofkapellmeisters Lorenz. Gibt es aber eine lebendigere Satz- und Kompositionslehre für den Musiker als das Orgelstudium? Wäre — ein Beispiel— der eminente Sinn für alles Sinfonisch-Orchestrale Anton Vruckners denkbar ohne seine Orgel? <,Die Orgel als Erzieherin" — sie, die in ihrer königlichen Natur kein Gefasel — Eehäcksel — keine Ba- nalität duldet und sofort aufdeckt. Was alles an echter, unbedingter
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.