Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1924) (24)

Ausgaben gerechtfertigt werden könnten. Daraufhin reiste Landes- verweser von Kaufen unverzüglich nach Frankfurt a. M., um die Sache mit dem Bundestagsgesandten von Linde zu besprechen und die nötigen weitern Schritte zu unternehmen. Das Bundestagspräsi- dium hat sodann die Anzeige über die Verwendung des Liechtenstei- nischen Kontingentes zur Verteidigung der tirolischen Landesgrenzen als deutschen Bundesgebietes zur Kenntnis genommen. Am 1. Juli langte der Besehl des Tiroler Landesverteidigungs- kommandos ein, daß der Ausmarsch am 7. Juli zu erfolgen habe.. Diese Anordnung rief in der Bevölkerung große Unzufriedenheit hervor, und da die Oeffentlichkeit über die Abmachungen betreffend des Ausmarsches nicht unterrichtet war, nahm diese Anzufriedenheit immer mehr zu und artete schließlich in den Vorwurf gegen die Regierung aus, das Land sei verraten. Der Landtag befaßte sich am 6. Juli in sechsstündiger Sitzung mit der Ansmarschfrage, in deren Verlauf der Landesverweser auf das Recht und die Klugheit hinwies. Der Landtag blieb bei seiner Auffassung, daß ohne formellen Bundesbeschuß der Ausmarsch nicht erfolgen sollte, v. Kaufen hatte in dieser Sitzung einen sehr schwereil Stand und verließ sie mit der Aeberzeugung, daß er das genossene Vertrauen nicht mehr besitze. Eine halbe Stunde nach dieser Sitzung langte ein Telegramm des Landesfürsten ein, daß der Ausmarsch sistiert sei. Darauf wurde die Mannschaft wieder beurlaubt und das Ko»»nando in Bozen von der Sistierung verständigt. In einem über diese Ereignisse an den Fürsten erstatteten Be- richte führt der Landcsverweser unter anderem aus: Der Verfasser der Zuschrift der fürstl. Koskanzlei vom 28. Iuui 1866 habe offeu- bar die .Höchsten Befehle nicht richtig aufgefaßt, und er scheine auch die Verhältnisse im Lande zu wenig zu kennen. Verfassungsmäßig sei das Fürstentum Liechtenstein nur zur Unterhaltung des Bundes- kontingentes (80 Mann), nicht aber eines größeren Truppenstandes verpflichtet. Freiwillige seien nicht zu erwarten, da die Leute Beschäf- tigung zur Bestreitung des Lebensunterhaltes haben. Sollte eine neuerliche Ausmarschweisung erfließen, so möge sie auf einen Bundes- beschluß gestützt und mögen dabei die Verhältnisse des Landes nnd die Armut der Bevölkerung berücksichtigt werden.
	        

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