Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1923) (23)

III. Die Scelsorge bis zum Untergang des Klosters. 35 soll mit ihm vorgenommen werden, bis der Bundestag auf Davos ein Ende habe. Aber die Churer haben darauf nicht gewartet, son- dern schon am Agnestag den Abt an zwei Ketten gebunden und vor das Malefizgericht gestellt, und also auf ihn geklagt, er habe dem Kloster Eigentum gestohlen und bei Nacht und Nebel geflüchtet/) er habe von den Feinden Briefe empfangen und ihnen wieder geschrie- ben, wodurch Krieg hätte entstehen können, und habe das Bistum verkaufen und das Vaterland verraten wollen. Darauf hat er sie gebeten, um Gottes und des jüngsten Gerichtes willen, daß sie ihm erlauben, selbst seine Verteidigung zu führen, so wolle er sich ver- antworten; auch sollen sie alle Briefe, die sie bei ihm gefunden hätten, öffentlich lesen lassen, so werden sie seine Unschuld klar erkennen. Das ist aber sauber und glatt abgeschlagen worden; also hat er sich durch einen Churwälschen müssen verantworten. Auf solches hat der Klä- ger das Urteil gefällt: Der Abt habe sich nicht dermaßen verant- wortet, daß es für das Gericht genug sei, deshalb erkenne er, daß der Ab; nach kaiserlichem Recht das Leben verwirkt und den Tod ver- schuldet habe und zu mehrerer Sicherheit der Wahrheit solle man ihn an den Ort führen, wo man die Verbrecher zu züchtigen pflege, und allda peinlich fragen, was er getrieben habe. Bei diesem Urteil ist es geblieben. Also haben sie den frommen Mann auf dem Estrich ihres Rathauses, wo viele Leute zusammen liefen, am Agnestag bei Nacht um 7 Uhr ausgezogen bis auf ein Mannshemd und ihm einen unsäglich und unmenschlich großen Stein angehängt und ihn so auf- gezogen bis unter das Dach und ihn also zwei Glockenstunden hangen lassen, was man keinem Mörder täte. Da hat er vor großen Schmer- zen geschrien: „Barmherziger Gott, sei mir gnädig und barmherzig; auch du, werte Mutter Gottes/ komm heut mir zu Hilfe!" Und sind 12 Mann mit Hellebarten dagestanden, die ihn hüten sollten. Die haben mit den Hellebarten an das Seil, woran er gehangen, geschlagen, und wenn der gute Abt geschrien, haben sie seiner gespot- tet und gesagt: „Jetzt ist ihm wohl, jetzt singt er die Mette." Wann er nicht mehr hat können schreien,- haben, sie gesagt: „Jetzt ist er in der stillen Messe." Dann um 9 Uhr in der Nacht haben sie ihn wiederum herabgelassen und lassen erfrieren und ihn bis 11 Uhr vier- mal aufgezogen, und ist er so elend worden, daß man ihn hat müssen in sein Gefängnis tragen. — Darnach an St. Vinzentius (22. Jän- ') Ein abgefallener Pater von St. Luzi hatte dies ausgesagt. 5"
	        

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