94
der Verfassungsgeber offenbar bei der jüngsten ins
besondere auch das VIII. Hauptstück betreffend die
Gerichte neu regelnden Verfassungsrevision LGB1.
2003/186 keinen Anlass gesehen, hinsichtlich der
Zivil- und Strafgerichte wie bei den Gerichtshöfen
des öffentlichen Rechts eine Mehrheit von rechts
kundigen Richtern vorzusehen.» 293
In diesem Zusammenhang sei auch auf eine
jüngst ergangene Entscheidung des Schweizeri
schen Bundesgerichts in einer ähnlichen Rechtssa
che verwiesen. Das Gericht hielt 2007 fest, dass sich
aus der Schweizerischen Bundesverfassung kein
Anspruch auf einen juristisch gebildeten Richter ab
leiten lasse. Der Anspruch auf einen unabhängigen
Richter könne jedoch berührt sein, wenn unerfahre
ne Laienrichter ohne jede Mithilfe einer unabhängi
gen Fachperson amten«. Historisch gesehen sei das
neuzeitliche Laienrichtertum ein Postulat der Auf
klärung und als gewaltenteiliger Ansatz gegen die
vom Monarchen eingesetzten Juristenrichter ge
dacht gewesen. Demgegenüber beruhte es in der
Schweiz primär auf dem Umstand, dass sich ein
akademisch geschulter Juristenstand im gesamten
Gebiet erst relativ spät herausgebildet hat. 294
Eine Übersicht zu den
heutigen Regelungen im mittel
europäischen Rechtskreis
Nachdem die Darstellung der historischen Entwick
lung der Mitwirkung von Laien in der liechtensteini
schen Gerichtsbarkeit in der Gegenwart angelangt
ist, soll zunächst noch eine summarische Übersicht
über die heutigen Regelungen des Laienrichtertums
in den anderen Ländern des mitteleuropäischen
Rechtskreises skizziert werden. Der mitteleuropäi
sche Rechtskreis weist sowohl Schöffen- als auch
Geschworenenbeteiligung im Strafverfahren auf. Im
Verfahren nimmt grundsätzlich der Richter die
Wahrheitsforschung vor und ist dabei gleichzeitig
Verhandlungsführer. Es gelten bei Gerichtsverfah
ren mit Laienbeteiligung die Prozessgrundsätze der
Mündlichkeit, Unmittelbarkeit, Öffentlichkeit und
der freien Be weis Würdigung.
Bedeutung und Einflussnahme der Laienrichter
sind jeweils eng mit den politischen und sozialen
Gegebenheiten eines Staates verknüpft. Die Gewich
tigkeit der Laienrichter ist einerseits bestimmt
durch ihren Einsatz in den verschiedenen Instanzen
der Rechtssprechung, andererseits durch das je
weils unterschiedliche zahlenmässige Verhältnis zu
den Berufsrichtern. Die unterschiedlichen Auffas
sungen bezüglich der Laienbeteiligung sind auch in
den verschiedenen historischen Entwicklungspro
zessen begründet.