Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2010) (109)

GESCHICHTE DES LAIENRICHTERTUMS IN 
LIECHTENSTEIN / ALOIS OSPELT 
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handlungen verwenden zu lassen. Die Pflicht betraf 
zunächst die Bewohner jener Gemeinde, in der die 
Untersuchungshandlung vorgenommen wurde. 230 231 232 233 234 235 236 237 238 239 240 241 
Die Gerichtszeugen waren vom Untersuchungsrich 
ter zu bestimmen. 242 
Das Landtagspostulat von 1988 nach einer Ände 
rung der Besetzung des Jugendgerichts enthielt 
auch die Forderung nach einer verbesserten Ein 
führung der Laienrichter in ihre richterliche Tätig 
keit. 243 Der Landtag befasste sich 1990 im Zusam 
menhang mit der Änderung des Gerichtsorganisati 
onsgesetzes mit dieser Thematik. 244 Auf eine ent 
sprechende Nachfrage der Postulanten nahm die 
Regierung Rücksprache beim Präsidenten des Ober 
gerichts. Das Ergebnis wurde in einem Schreiben an 
den Landtag mitgeteilt. Demnach hatte die Frage in 
nerhalb der Richtervereinigung schon mehrmals 
zur Diskussion gestanden. Es hatten verschiedent 
lich Vorträge für Laienrichter stattgefunden. Das In 
teresse der Laienrichter an einer Ausbildung war 
sehr unterschiedlich. Neue Richter wurden durch 
die Gerichtsvorsitzenden in ihre Tätigkeit einge 
führt, juristische Fragen nach Gerichtssitzungen 
diskutiert. Darüber hinaus hatte es keine weitere 
Ausbildung der Laienrichter gegeben. Die Richter 
vereinigung war jedoch bereit, eine sinnvolle Aus 
bildung zu fördern. 245 
Diese Information an den Landtag nahm ein Ab 
geordneter zum Anlass, einige Gedanken zum Lai 
enrichtertum zu äussern. 246 Der Abgeordnete hatte 
als Laienrichter am Obersten Gerichtshof über eini 
ge Jahre persönliche Erfahrungen machen können 
und mit einer Gruppe von Laienrichtern verschiede 
ne Anliegen in die 1979 gegründete Vereinigung 
Liechtensteinischer Richter zur Behandlung einge 
bracht. Er informierte über eine Besprechung in 
nerhalb der Vereinigung zum Thema «Funktion, Tä 
tigkeit und Stellung der Laienrichter im Fürstentum 
Liechtenstein» und über eine in der Folge dazu ab 
gehaltene Reihe von sieben Vorträgen zu verschie 
denen Rechtsthemen. Dabei wäre allerdings «über 
die zentralen Anliegen wie Sinn und Zweck des Lai 
enrichterauftrages und die damit zusammenhän 
genden Fragen nicht reflektiert» worden. «Nebst 
den Freuden und der Befriedigung, die es für den 
Laienrichter geben» könne, existiere aber «ein brei 
tes Spektrum von Unbehagen. Angefangen an der 
Kompetenz der eigenen Person in dieser Stellung, 
Verunsicherung durch die faktische, nicht formale 
Bedeutung des Laienrichteramtes, bis hin zu Zwei 
feln am System». «Die Komplexitätsdichte der 
Rechtsmaterie» nehme in der Hierarchie der Ge 
richte zu, der unmittelbare Umgang mit Menschen 
ab. Der Abgeordnete hatte Auskünfte über Arbeits- 
230) LLA RF 344/72/76. Jugendamt an Regierung, 14. September 
1988. 
231) LLA RF 344/72/76. Dr. Karl Kohlegger an Regierung, 22. Mai 
1990. 
232) Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag zur Abände 
rung des Gerichtsorganisationsgesetzes vom 4. Juli 1990 (Nr. 
59/1990). 
233) LLA Landtagsprotokolle vom 14. Oktober und 20. November 
1958. Gesetz vom 24. Oktober 1990 über die Abänderung des 
Gerichtsorganisationsgesetzes (LGB1. 1990, Nr. 76). 
234) Ebenda, LGB1. 1990, Nr. 76, § 4bis. 
235) Strafprozessordnung (StPO) vom 18. Oktober 1988 (LGB1. 1988, 
Nr. 62). - Vgl. dazu: Bericht und Antrag der Regierung an den 
Landtag zur Schaffung einer Strafprozessordnung (StPO), 31. Mai 
1988. (Nr. 22/1988); Waschkuhn, Justizrechtsordnung, S. 46. 
236) Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag zur Schaf 
fung einer Strafprozessordnung (StPO), 31. Mai 1988 (Nr. 22/1988). 
237) Das Gesetz vom 27. September 1972 betreffend die Abände 
rung der Strafprozessordnung (LGB1. 1972, Nr. 54) führte ein verein 
fachtes Verfahren in Verbrechens- und Vergehensfällen ein und 
entlastete so das Schöffen- bzw. Kriminalgericht. - Vgl. auch Bericht 
und Antrag der Regierung an den Landtag betreffend die Abände 
rung der Strafprozessordnung vom 16. Juni 1972 (Landtagsprotokoll 
Jg. 1972). 
238) Ebenda, S. 149. 
239) Ebenda S. 149 f. 
240) StPO vom 18. Oktober 1988, § 44. 
241) Ebenda, § 45. 
242) Ebenda, § 46. 
243) LLA Landtagsakten LTA 1988/L 12. 
244) LLA Landtagsprotokolle, 12. September und 24.Z25. Oktober 
1990; Landtagsakten LTA 1990/ L 54. 
245) Schreiben Ressort Justiz an Landtag, 8. Oktober 1990. 
246) LLA Landtagsprotokoll, 24.Z25. Oktober 1990, S. 1106-1109. 
Ausführungen des Abgeordneten Georg Schierscher und von Land 
tagspräsident Karlheinz Ritter.
	        

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