Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2010) (109)

GESCHICHTE DES LAIENRICHTERTUMS IN 
LIECHTENSTEIN / ALOIS OSPELT 
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verschiedene Hinweise auf Laienrichter. Insbeson 
dere sind mit den im Gerichtsorganisationsrecht ge 
nannten Schöffen eindeutig Laienrichter angespro 
chen. Als Gegensatz zum Laienrichter findet sich im 
liechtensteinischen Recht der Begriff des «rechts 
kundigen» Richters. Auch dieser Begriff ist nicht 
eindeutig definiert. Ein vom Staatsgerichtshof 1953 
darüber erstattetes Gutachten hält fest, dass als 
rechtskundig Personen gelten, «die der im Lande 
bestehenden Rechtsvorschriften im vollen Umfange 
mächtig sind, ohne ein abgeschlossenes Studium an 
einer Lehranstalt nachweisen zu müssen». 5 Trotz 
dieses Gutachtens blieb in den liechtensteinischen 
Rechtsnormen bis zur jüngsten Reform der Ge 
richtsorganisation und des Richterdienstes 2007 6 in 
Bezug auf die Rechtskundigkeit und die Berufs- oder 
Laienrichter einiges offen. 7 
Formen der Teilnahme von Laien 
an der Rechtsprechung 
Wir kennen heute drei Hauptformen der Teilnahme 
von Laien an der Rechtsprechung: das Schwurge 
richt, in dem die Geschworenen allein und selbstän 
dig über die Schuld des Angeklagten entscheiden; 
das gemischte Gericht (Schöffengericht), in dem Be 
rufs- und Laienrichter gemeinsam über Schuld und 
Strafe urteilen; schliesslich den Friedensrichter 
(Vermittler), der für geringfügige Delikte zuständig 
ist. Der Laienrichter nimmt im Wesentlichen die 
gleiche Aufgabe wahr wie der Berufsrichter. Der 
Friedensrichter (Vermittler), der ebenfalls Laie ist, 
hat jedoch zumeist keine oder nur geringe Kompe 
tenz zur Rechtsprechung. 
THEMATISCHE EINGRENZUNG 
UND GLIEDERUNG 
Im Zentrum der folgenden historischen Betrachtung 
steht die Frage, wann und wie Laien als Richter ge 
wirkt haben. Diese enge Fragestellung musste je 
doch zum besseren Verständnis an verschiedenen 
Stellen um den allgemeinen Bereich der Rechte des 
Volkes an der Rechtspflege und seiner Beteiligung 
an der Gerichtsbarkeit erweitert werden. 
Den Hauptteil der vorliegenden Abhandlung bil 
det ein rechtsgeschichtlicher Überblick über die Be 
teiligung von Laien an der Gerichtsbarkeit. Aufbau 
end auf eine allgemeine Darstellung der Entwick 
lung im mitteleuropäischen Rechtskreis, folgt die 
Geschichte des Laienrichtertums in Liechtenstein 
vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Vor dem so ge 
zeichneten historischen Hintergrund und nach ei 
ner aktuellen rechtsvergleichenden Skizze der Lai 
enbeteiligung im Gerichtswesen im mitteleuropäi 
schen Rechtskreis werden dann kurz die wesentli 
chen Elemente einer rechtlichen Würdigung ange 
sprochen, nämlich die Vor- und Nachteile der 
Mitwirkung von Laien im gerichtlichen Verfahren. 
Am Schluss stehen eine Zusammenfassung und 
Würdigung des Laienrichtertums aus historischer 
Sicht und ein Ausblick auf eine allfällige Neurege 
lung. 
2) Tömördy, Sabine: Die Beteiligung von Laienrichtern (d.h. von 
Richtern ohne juristische Bildung) an der Rechtssprechung liechten 
steinischer Gerichte: Rechtliche Regelung, Sinn und praktische 
Bedeutung. St. Gallen, 1998. Diplomarbeit Universität St. Gallen. 
3) Siehe unten: Quellen und Literatur, S. 110-113. 
4) Vgl. dazu: Bizozzero; Tömördy, S. 100-101. 
5) Gutachten StGH vom 18. 7. 1953. ELG 1947-1954, S. 274-276. 
6) Gesetz vom 24. Oktober 2007 über die Organisation der ordentli 
chen Gerichte (Gerichtsorganisationsgesetz; GOG), LGB1. 2007, Nr. 
34; Richterdienstgesetz (RDG) vom 24. Oktober 2007, LGB1. 2007, 
Nr. 347. 
7) Vgl. dazu auch Ritter, Karlheinz, sowie S. 90-92.
	        

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