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STAND DER FORSCHUNG
In der liechtensteinischen Geschichtsschreibung
wird in verschiedenen Abhandlungen auch auf das
Gerichtswesen eingegangen, dabei jedoch der be
sondere Aspekt des Laienrichtertums durchwegs
ausser Acht gelassen. Einzig eine 1998 entstandene
juristische Diplomarbeit befasst sich mit der Beteili
gung von Laienrichtern an der Rechtssprechung
liechtensteinischer Gerichte, lässt jedoch einen ge
schichtlichen Exkurs über die Entwicklung des Lai
enrichtertums bewusst beiseite. 2 Für die vorliegen
de Arbeit waren neben diesen liechtensteinischen
Publikationen vorwiegend die einschlägigen Quel
len und Unterlagen im Liechtensteinischen Landes
archiv zu sichten. Zudem wurde eine Reihe von
rechtsgeschichtlichen und rechtsvergleichenden
Studien zum Laienrichtertum im deutschsprachigen
Raum resp. mitteleuropäischen Rechtskreis einge
sehen, zu dem auch Liechtenstein zählt. 3
TERMINOLOGIE UND THEMATISCHE
EINGRENZUNG
Zugunsten leichterer Lesbarkeit wird im Folgenden
auf die Verwendung geschlechtsneutraler Formulie
rungen verzichtet. Mit der Wahl der männlichen Be
zeichnung wie z.B. Laien, Richter, Schöffe, Geschwo
rener ist die weibliche Form mit gleicher Wertschät
zung gemeint und umfasst.
BEGRIFFE 4
Laie
Als Laie wird eine Person bezeichnet, die auf einem
bestimmten Gebiet keine Fachkenntnisse hat. Unter
Laienrichter wird somit der juristisch nicht gebilde
te Richter verstanden. Laienrichtertum ist aller
dings kein Rechtsbegriff in engerem Sinn. Vor der
Entstehung des Berufsrichtertums in der Neuzeit
war der fachlich, d.h. juristisch, nicht gebildete
Richter die Regel, so dass streng genommen für die
se Zeit nicht von einer «Laiengerichtsbarkeit» ge
sprochen werden kann. Recht wurde ja grundsätz
lich von Rechtslaien gesprochen, die jedoch durch
aus über besondere Rechtskenntnisse verfügen
konnten und sollten. Rechtslaien im Sinne von
rechtsunkundigen Personen wurden und werden
auch heute für die Laienrichterfunktion nicht ver
langt. Im Folgenden soll der Begriff «Laie» für eine
Person verwendet werden, die ursprünglich allein
aufgrund ihrer sozialen Stellung und ihres Anse
hens in der Gemeinschaft, später wegen anderer
Gründe wie beispielsweise dem Wunsch nach einer
volksnahen Ausgestaltung der Rechtspflege zeitwei
se, von Fall zu Fall, zu Aufgaben der Rechtspre
chung herangezogen wurde bzw. wird.
Laienrichter
Vom Laienrichter spricht man erst, als sich in der
Neuzeit das Berufsrichtertum zu entwickeln be
ginnt. Unter Laienrichter wird nun ein Richter ohne
Rechtsstudium verstanden. In der liechtensteini
schen Gesetzgebung ist der Begriff Laienrichter nir
gends ausdrücklich erwähnt. Es finden sich jedoch