FÜRSTLICHER BAURAT KARL HARTMANN
1921 BIS 2009 / WALTER WALCH
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Als beratendes Mitglied der Denkmalschutz-
Kommission der Fürstlichen Regierung war es Karl
Hartmann ein grosses Anliegen, möglichst viele
denkmalwürdige Bauten zu erhalten. Diese Arbeit
zur Durchsetzung des Denkmalschutzgesetzes aus
dem Jahre 1944 und zur Erhaltung von historischen
Bauten war wichtig, erfolgte aber in einem gesell
schaftlich schwierigen Umfeld. Im Zusammenhang
mit der damaligen Neuerrichtung des Landesmuse
ums sei auf die dort integrierte Bauernstube hinge
wiesen, die aus einem Gampriner Wohnhaus
stammt. Alle Bemühungen der Denkmalschutz-
Kommission und des Historischen Vereines schei
terten, dieses schützenswerte Baudenkmal zu er
halten. Zumindest konnte dann das reich ausgestal
tete Holztäfer der Bauernstube dieses Hauses de
montiert und durch den Einbau in das neu gestaltete
Landesmuseum dauerhaft gerettet werden.
DER LANDESINGENIEUR
Karl Hartmann begann seine Tätigkeit 1955 als Lei
ter des Bauamtes des Fürstentums Liechtenstein in
einer Zeit, in der sich die wirtschaftliche Entwick
lung des Landes abzuzeichnen begann. Einige Zah
len aus dem Statistischen Jahrbuch des Volkswirt
schaftsamtes mögen diese ausserordentliche Pros
perität des Landes während seiner Amtszeit ver
deutlichen:
Besonders eindrücklich zeigt sich diese Entwick
lung von Wirtschaft und allgemeinen Wohlstand bei
den Staatsfmanzen. Sie stiegen von 19 Millionen
Franken im Jahre 1955 auf 311 Millionen Franken
im Jahr 1986. 2009 wurde gar die Milliardengrenze
überschritten. Parallel hierzu nahm der Autover
kehr zu: Waren 1955 gesamthaft 2 191 Motorfahr
zeuge angemeldet, gab es 1986 bereits 18 140 Mo
torfahrzeuge. 2009 verkehrten rund 34 000 Motor
fahrzeuge auf Liechtensteins Strassen. Ebenso stieg
auch die öffentliche und private Bautätigkeit seit
1962 (Beginn der Baustatistik) von 316 000 m 3 auf
480 000 m 3 Bauvolumen im Jahre 1986. 2004 wur
den gar 1,65 Millionen m 3 Bauvolumen als bisheri
ger Spitzenwert bewilligt. Arbeitsplätze und Ver
kehr hängen ursächlich zusammen. Waren 1955
gesamthaft 7 670 Arbeitsplätze in Liechtenstein
vorhanden, wurden 1986 bereits 17 078 Arbeits
plätze und 2009 mehr als 34 000 gezählt. Diese Ent
wicklung verlangte nach zusätzlichen Arbeitskräf
ten aus dem Ausland. So waren im Jahr 1955 be
reits täglich 1100 Zupendler aus der Schweiz und
Österreich zu verzeichnen. Dieser Pendlerstrom
wuchs stetig. 2009 werden rund 17 000 Beschäftig
te gezählt, die täglich aus dem Ausland zu ihrem Ar
beitsplatz in Liechtenstein kommen, vorwiegend im
eigenen Auto.
Karl Hartmann war in vielen Bereichen voraus
denkend. Der Landtag hatte bereits 1947 ein für die
damalige Zeit ausserordentlich weitsichtiges Bauge
setz erlassen. Aber sein grösster Mangel war vor al
lem, dass es insbesonders in seinen raumplaneri
schen Erlassen kaum oder zu spät zur Anwendung
gelangte. Damit war eine geordnete räumliche Ent
wicklung des Landes in Frage gestellt. Ab 1962 be
fasste sich das Bauamt im Auftrag der Regierung
und in Kooperation mit dem Forstamt mit der Lan
desrichtplanung. Beginnend mit der Planung der
Berglandsanierung und ab 1966 gesamthaft mit der
Landesplanung, führte diese Arbeit 1968 zum ers
ten Landesrichtplan des Landes. In diesem Jahr in
stitutionalisierte die Regierung die Landesplanung
mit der Schaffung einer eigenen Dienststelle. Paral
lel hierzu entwarf Karl Hartmann zusammen mit
externen Fachleuten ein neues Bau- und Planungs
gesetz, um derart auf die geänderten Randbedin
gungen zu reagieren und verantwortungsvoll eine
zukunftssichere Raumentwicklung gewährleisten
zu können. Dieser Gesetzesentwurf fand aber poli
tisch keine Freude und scheiterte. Erst 1985 trat
eine Teilrevision des Baugesetzes in Kraft, die im
Oktober 2009 von einer grundlegenden Neufassung
des Baugesetzes abgelöst wurde.
Um eine langfristig gesicherte wirtschaftliche
Entwicklung des Landes zu fördern, entwickelte
Karl Hartmann zusammen mit dem ORL-Institut der
ETH in Zürich ein zukunftsfähiges Verkehrskonzept.
Der Bauamtsleiter sah als Resultat der übergrossen
Bauzonen und der damit einhergehenden Streu
siedlung den stetig und massiv steigenden Indivi