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modern, nimmt die Tradition der mittelalterlichen
Künstler auf, aus dem Bilderschatz des Alten und
Neuen Testaments schöpfend zu erzählen. Häusle
starb überraschend im Frühjahr 1966, die Tochter
Margarethe Häusle führte das Werk nach seinen
Entwürfen zu Ende.
Fast gleichzeitig wie Häusle in Vaduz verwirk
lichte 1963 Fritz Weigner aus Zürich in Schellen
berg ein nicht mehr der Bildertradition verpflichte
tes Programm. Anders als Häusle, der die neugoti
schen Spitz- und Masswerkfenster zu füllen hatte,
konnte Weigner in der neuen Pfarrkirche Schellen
berg die Fenster gestalten. In einfach umrissenen,
farbstarken Bildern setzte er die Christen in Bezug
zum Kosmos, zu Christus und zur Abendmahlsge
meinschaft. Man kann Weigners Werk zum Zweiten
Vatikanischen Konzil, welches damals gerade be
gonnen hatte und Erneuerung anstrebte, in Bezug
setzen. Eine rotglühende «Rosa mystica» und eine
blau variierte «Stella matutina» (Morgenstern), bei
de Symbole für Maria, machen zusätzlich deutlich,
wie Weigners Schellenberger Zyklus mehr meditativ
als erzählend ist.
Ein bis zwei Jahrzehnte nach Weigner und Häus
le wählte Martin Frömmelt, Schaan, anlässlich der
Renovationen der neugotischen Pfarrkirche in
Schaan 1977/78 und der neuromanischen Pfarrkir
che in Balzers 1981/83 an beiden Orten weitestge
hend abstrakte Formen. Frommelts Fenster folgen
bewusst nicht den architektonischen Bauformen
der Kirchen - Kreis, Rund- oder Spitzbogen, Mass-
werk, Symmetrie -, vielmehr setzen sich seine Fen
ster aus unregelmässigen, teils durchsichtig-farblo
sen, teils intensivfarbigen Glasflächen, schwarzen
Strichen und - besonders auffällig - Wörtern zusam
men. Ein knapper Satz gibt jedem Fenster ein The
ma, als Bibelzitat, Christuswort oder theologische
Aussage wie «Gott ist Liebe» in einem Balzner Fens
ter. So fügen sich aber auch diese Fenster, die stär
ker die Ratio als die Bildphantasie ansprechen, zu
einem Programm zusammen und in die christliche
Überlieferung, etwa beginnend mit der Verkündi
gung des Engels an Maria: «Der Engel brachte Ma
ria die Botschaft», in Schaan. Wörter und Sätze fin
den sich übrigens in der Glasmalerei schon im Mit-