100
Dagmar Spona 309
Die Diskussion über die Laienbeteiligung ist auch in
den letzten Jahrzehnten nicht verstummt. Dabei
werden neue Funktionen entdeckt, die die Laien
richter erfüllen sollen. Insbesondere auf zwei Funk
tionen ist hinzuweisen. Einerseits komme den Laien
ein so genannter volkspädagogischer Effekt zu. Sie
seien in der Lage, die Rechtskenntnisse der Bevölke
rung zu erhöhen. Schöffen nähmen durch ihre Tä
tigkeit bei Gericht neue Informationen auf und be
richteten im weiteren Umkreis darüber. So erhofft
man sich die Verbesserung der Rechtskenntnisse in
der Bevölkerung und mehr Verständnis für die Auf
gabe des Richters. Andererseits soll die Beteiligung
von Laien die Akzeptanz der Rechtsprechung und
ihre Qualität verbessern. Schöffen sollen Werthal
tungen des Volkes in den Entscheidungsprozess ein-
bringen. Der Berufsrichter müsse sein Urteil für den
Laien plausibel machen. Der Gesetzgeber hat sich
eindeutig für die Demokratisierung der Rechtspre
chung durch die Beteiligung von Laien ausgespro
chen. Ob die Laienrichter ihre Aufgaben jemals im
ihnen zugedachten Umfang erfüllen können, dürfte
aber zweifelhaft sein. Insbesondere beim Schöffen
gericht wurde schon früh der Verdacht geäussert,
dass Laien nur scheinbar Einfluss auf das Urteil ha
ben, in Wirklichkeit aber durch die ihnen überlege
nen Berufsrichter dominiert würden.
Ulrike Benz 310
Unstreitig weist die Laienbeteiligung in der Straf
rechtspflege positive wie auch negative Gesichts
punkte auf. Ohne Zweifel stellt die Mitwirkung des
Volkes beim Vollzug der Gesetze einen wichtigen de
mokratischen Faktor dar, der allerdings nicht uner
lässlich ist, weil das Volk bereits an der Gesetzge
bung partizipiert. Ob das Vertrauen und Verständ
nis der Öffentlichkeit in die Justiz sehr gefördert
wird, erscheint zumindest zweifelhaft. Das wichtigs
te Argument für eine Beibehaltung der Schöffen
bleibt die Überschaubarkeit des Verfahrens sowie
eine Kontrollfunktion gegenüber den Berufsrich
tern. Durch die Schöffen werden die Berufsrichter
gezwungen, ihr Urteil zu überdenken, die eigene
Handlungsweise zu kontrollieren und korrigieren.
Dieser heilsame Zwang zur Kooperation schützt die
Berufsrichter vor Betriebsblindheit und lässt die
Rechtspflege durch die Verständlichkeit lebensna
her wirken. Aus diesen und anderen Gründen sind
auch in Zukunft Laien am Strafverfahren zu beteili
gen. Es gilt nur, durch eine Verbesserung der Ge
richtsorganisation ihre Aufgaben klarer zu fassen,
die Zusammenarbeit mit den Berufsrichtern effekti
ver zu gestalten und so die möglichen Fehlerquellen
auf ein Mindestmass zu beschränken.