Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2009) (108)

hensabzahlungen und die Neueinlagen im Jahre 1917 bei der Sparkassa über vier Millionen Kronen betragen hatten.118 Die Finanzkommission wollte die Kriegsgewinnsteuer durch einen Landtagsbe- schluss als Grundsatz gesetzlich festlegen. Die nähe- re Durchführung und die Festlegung der Höhe der Umlagen sollten durch die Regierung im Einverneh- men mit der Landesnotstandskommission auf dem Verordnungswege geregelt werden. Nach kurzer Diskussion, die sich vor allem um die Frage der ge- rechten Erfassung der Kriegsgewinne drehte, nahm der Landtag den Antrag einstimmig an.119 Die Notstandskommission arbeitete zuhanden der Regierung einen Vorschlag für die zu erlassende Verordnung aus. Aufgrund dieser Vorstellungen in- formierte die Regierung im Februar 1918 die Orts- vorsteher über die wichtigsten Grundzüge der vor- gesehenen Kriegsgewinnsteuer. Landesverweser Imhof begründete in seinem Rundschreiben die Ein- führung der Kriegsgewinnsteuer mit dem Vorgehen anderer - auch neutraler - Staaten, die dadurch zu neuen Einnahmen kämen. Imhof argumentierte ge- genüber den Ortsvorstehern mit dem Hinweis, dass die neue Steuer auch für die Gemeinden vorteilhaft sein werde. Der Sinn der Kriegsgewinnsteuer be- stand nach Imhof darin, die Mehrerlöse aus Ge- schäften, welche 1917 und in der ersten Hälfte des Jahres 1918 infolge der Kriegslage im Vergleich zu früher erzielt worden waren, zu besteuern.120 Es waren Mehrerlöse aus sechs Bereichen betroffen:121 - Geldgeschäfte - Fabriksbetriebe - Handels- und Gewerbeunternehmen - Verkäufe und Pachterlöse von Grundstücken und Häusern - Verkäufe land- und forstwirtschaftlicher Produk- te, nämlich Tiere (Rindvieh, Pferde, Schweine, Schafe, Ziegen), Feldfrüchte (Getreide, Heu, Stroh, Streue, Kartoffeln, Kraut, Rüben, Bohnen etc.), Obst, Most, Wein, Branntwein, Eier, Honig, Wachs, Holz, Torf - Gewinnbringende Unternehmen sonstiger Art Diese Steuer mussten auch die Gemeinden entrich- ten, wenn sie sich unternehmerisch betätigt hatten. 
Die Höhe der Steuer richtete sich nach der Höhe des erzielten Mehrgewinnes, abgestuft in sechs Klassen. Die Steuer betrug: Bei einem Mehrgewinn (in Kronen) von 1000 bis 2000 2% 2000 bis 3000 3% 3000 bis 5000 
5% 5000 bis 8000 
7% 8000 bis 10 000 10% Bei einem Mehrgewinn von über 10 000 Kronen setzte eine eigene Kommission, bestehend aus ei- nem Beamten, zwei Mitgliedern der Landesnot- standskommission und dem Sparkassaverwalter, die Höhe der Steuer fest. Die so genannten «Einbekenntnisse», also die Angaben über die erzielten Mehrgewinne, wurden in jeder Gemeinde durch einen Beamten und zwei Mitglieder der Landesnotstandskommission aufge- nommen. Zu dieser Aufnahme wurden in den Ge- meinden der jeweilige Ortsvorsteher und ein vom Gemeinderat gewählter Vertrauensmann beigezo- gen. Die Kriegsgewinnsteuerpflichtigen jeder Ge- meinde hatten auf Aufforderung hin vor dieser Kommission zu erscheinen und ihre Einbekenntnis- se zu machen. Für die erforderlichen Angaben wur- den eigene Formulare bereitgestellt. Die Kommissi- on war befugt, von den Steuerpflichtigen einen Eid auf die Richtigkeit ihrer Angaben abzuverlangen. Unwahre oder unvollständige Angaben unterlagen einer Arreststrafe bis zu drei Monaten und einer Geldstrafe bis zum zehnfachen Betrage der versuch- ten Steuerhinterziehung. Die festgelegte Kriegsge- winnsteuer musste binnen Monatsfrist an die Lan- deskasse bezahlt werden. Die Gemeinden äusserten in ihren Stellungnah- men verschiedene Bedenken.122 So meinte der Orts- vorsteher von Schaan, dass die Steuerbekenntnisse nicht durch die Gemeinden, sondern durch eine Kommission des Landes erhoben werden sollten. Dadurch würde eine einheitliche Behandlung ge- 52
	        

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