Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2009) (108)

Zeugnisse der Geschichte bewahren und so kultu- relle Gedächtnisse unserer Gesellschaft sind. Wir brauchen sie, weil sie uns helfen, unsere Gegenwart besser einschätzen zu können und damit auch dazu beitragen können, unsere Zukunft vielleicht nicht unbedingt besser, aber zumindest informierter pla- nen zu können. Im Leitbild des Landesmuseums heisst es weiter: «Das Liechtensteinische Landesmuseum beteiligt sich aktiv am Diskurs übergreifender liechtensteini- scher Themen und Fragen und trägt so zur Konstitu- tion und Entwicklung liechtensteinischer Identität bei. Gleichzeitig repräsentiert es wichtige Aspekte der Landeskunde Liechtensteins nach aussen». Das neue Landesmuseum hat sich mit seinen Aktivitäten der letzten fünf Jahren aktiv an der Auseinanderset- zung mit liechtensteinischen Themen und mit ge- sellschaftlichen Themen insgesamt beteiligt. Die Reihe der Sonderausstellungen, die seit 2003 prä- sentiert wurden, zeigen das breite Themenspek- trum, das ein Landesmuseum anbieten kann und auch anbieten muss, um seine verschiedenen Ziel- gruppen zu erreichen. Es gab sowohl klassisch-mu- seale Themen wie den «Codex Liechtenstein», die «Meilensteine der Souveränität» oder die Geschich- te des Museums selbst am Beispiel der Sammellei- denschaft von Ferdinand Nigg. «Ötzi» war da und die Römer machten Kleider. Es wurden spezielle Ausstellungen für jüngere Zielgruppen angeboten wie die Mitmachausstellung «Immer und überall» zum Thema Kommunikation gleich zur Eröffnung oder auch die aktuelle Ausstellung «Bilder, die lü- gen», zu der Schulklassen selbst aus Zürich anrei- sen. Die Jahresberichte des Museums und die Homepage zeugen vom umfassenden Engagement des Museums und seiner Mitarbeiterinnen und Mit- arbeiter. Dazu einen herzlichen Glückwunsch! Fünf Jahre sind ein Anlass mit Freude und Stolz auf das Erreichte zurückzuschauen. Aber gleichzei- tig muss man fragen, wo die Reise für das Landes- museum in den nächsten fünf Jahren hingehen kann, hingehen soll. Beginnen wir die Frage nach dem Ziel der Reise mit einem kritischen Blick auf die Institution Muse- um. Man hat Museen, und ich zitiere Hans-Joachim 
Klein, nicht zu unrecht «Züge eines <autopoetischen Systems),» attestiert.1 Museen haben eine kulturelle Traditionsverhaftung. Die Geschichte der modernen Museen in Europa ist kurz. Erst 1753 eröffnete das British Museum und war weit davon entfernt eine öffentliche Institution zu sein. Erst der von Napole- on 1793 eröffnete Louvre war ein modernes Muse- um in diesem Sinne. Das ist gerade einmal 200 Jah- re her. Bis in das 20. Jahrhundert veränderte sich zwar einiges in den Museen, aber erst in den letzten drei Jahrzehnten haben Museen umfassende An- passungs- und Modernisierungsleistungen er- bracht. Ich nenne hier nur den Slogan «Kultur für alle» und die demokratische Öffnung der Museen, die wachsende Bedeutung von Management und Marketing auch in den Kulturbetrieben, und die neuen Finanzierungs- und Organisationsformen. Auch inhaltlich haben sich Museen entwickelt. Die Bezeichnung «Museum» stand einmal eindeutig für einen Ort, an dem historische Objekte gesammelt und präsentiert werden. In den letzten Jahren ha- ben wir unter anderem dank der Kindermuseen ge- lernt, dass Museen auch durchaus ohne historische Objekte auskommen können und trotzdem an- spruchsvolle und wichtige Inhalte vermitteln kön- nen. Heute kann Sie als Besucher unter der Über- schrift «Museum» vieles erwarten: Die Präsentation wertvollster Objekte, theatralische Inszenierungen oder auch Mitmachausstellungen, die alle Sinne for- dern. Angesichts dieser möglichen VieLfalt muss jedes Museum seine eigene Charakteristik, seine eigene Position erarbeiten. Und zwar mit Blick auf seine Möglichkeiten und seinen Markt, anders ausge- drückt: mit Blick auf seine Sammlung und sein Pu- blikum. Dabei ist das Publikum der wirklich kriti- sche Faktor, denn - und das will ich betonen - Mu- seen sind gemeinnützige Einrichtungen, das heisst sie leisten der Öffentlichkeit einen Dienst. Und sie müssen sich immer wieder fragen, welcher Öffent- lichkeit sie welchen Dienst leisten. Hartmut John fasst die grundsätzlich zu stellenden Fragen präg- nant zusammen: «Wofür bin ich als Museumsein- richtung eigentlich da? Weshalb muss es mich ge- ben? Wofür werde ich gebraucht? Was macht mich 290
	        

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