Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2009) (108)

Die Lage geriet zum Teil ausser Kontrolle, nach- dem am 3. November Waffenstillstand zwischen Österreich-Ungarn und der Entente geschlossen worden war und nun entlassene Soldaten und Kriegsgefangene durch Liechtenstein einen Weg nach Hause suchten. Man unterstellte der Vorarl- berger Wache sogar, sie habe den Auftrag, «solche Menschen wohl über die Grenze hinaus zu lassen, aber nicht mehr ins Land hinein».10 Als Gegenmass- nahme verfügte die provisorische Regierung Liech- tensteins am 8. November, dass ausweislose Perso- nen vom Eintritt ins Land abzuhalten und beim Be- treten des Landes wieder abzuschieben seien.11 Die Berichte über illegale Grenzübertritte grösserer Per- sonengruppen zeigten allerdings, dass die liechten- steinischen Polizeiorgane nicht mehr in der Lage waren, die Grenze dicht zu halten. Es kam sogar vor, dass liechtensteinische Grenzwächter mit Waffen bedroht wurden. So erging es dem Grenzwächter Wanger: Als er unterhalb der Hub in Mauren zwei mit Militärmänteln bekleidete Personen zum Halten aufforderte, schlug der eine das Gewehr gegen ihn an.12 Offensichtlich handelte es sich um Soldaten, die, aus dem Kriegsgebiet oder aus der Gefangen-schaft 
kommend, über die Schweiz nach Hause ge- langen wollten. Am 7. November hatten 23 Reichsitaliener,13 morgens um ein Uhr von Tisis her kommend, die Grenze nach Liechtenstein überschritten.14 Am 9. November konnte die Regierung mitteilen, dass die italienischen Militärpersonen, welche sich im Lande aufhielten, von der Schweiz «zur Weiterbeförderung nach Italien übernommen worden seien».15 Am 9. November wurde es endgültig klar, dass Liechten- stein mit einer grösseren Anzahl unkontrolliert über die Grenze eingedrungener Soldaten zu rechnen hatte. Die Regierung beschloss deshalb, in Schaan eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen, wo diese Militärpersonen bis zur Weiterbeförderung in ihr Heimatland oder nach der Schweiz untergebracht wurden. Als Quartier wurde das «Vereinshaus» (heute Theater am Kirchplatz) in Schaan bestimmt, in dessen Räumen Strohlager hergerichtet wurden. Landesphysikus Felix Batliner erstellte zu Händen der Regierung eine Hausordnung.16 Diese sah vor, dass im Vereinshaus immer eine Wache aufgestellt war, die auf Ordnung zu achten hatte. In den Räu- men des Vereinshauses und insbesondere in den Österreich und Ungarn in den Grenzen von 1920, die bis heute gelten. Schraffiert sind die riesigen Gebiete, die Österreich-Ungarn an Nachfolgestaaten und Nachbarländer abtreten musste. 20
	        

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