Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2009) (108)

EINSATZ BEI DEN VADUZER HEXEN- PROZESSEN VON 1675 UND 1676 Die Gerichtsverfahren von 1667 und 1668 fanden wie die folgenden Hexenprozesse in der Mitte der Siebzigerjahre55 unter Landvogt Johann Christoph Köberle statt.55 Bei Letzteren - aber vielleicht auch schon 1667/68 - wirkte der Rankweiler Landrichter Dr. Georg Christian juristisch massgeblich mit, so dass man sie einmal auch «Dr. Christians Prozesse» nannte.57 Die Jesuiten kamen damals neuerlich zum Ein- satz. Von 1673 bis 1676 war Pater Johann Bodler (1629-1698) ihr Superior. Er stammte aus Oberreit- nau bei Lindau und soll ein besonders gelehrter Pre- diger gewesen sein.58 Falls ihm Pater Sigismund Lanser (1621- 1689) aus Bozen59 bereits zu Beginn des Jahres 1676 im Amt nachfolgte, waren die Feld- kircher Ordensleute auch unter seiner Ägide an den Hexenprozessen beteiligt. Für 1674 ist in den «Litterae annuae» die Ver- brennung eines Mannes erwähnt: Unus ad supplicium capitis rogumque aequo forti- que animo obeundum est animatus.60 Einer wurde betreut, damit er der Enthauptung und dem Feuer gleichmütig und tapfer entgegenging. Näheres ist über diese Hinrichtung nicht bekannt. Da auch das Verbrechen der Sodomie mit der Ver- brennung geahndet wurde, musste es sich bei die- sem Fall um keinen Hexenprozess gehandelt haben. Zudem dürfte er sich in der Herrschaft Feldkirch zu- getragen haben, da die Einsätze im benachbarten Vaduz in den Jahresberichten gewöhnlich als solche gekennzeichnet wurden. Gegen Ende der vormundschaftlichen Regierung Graf Karl Friedrichs von Hohenems, der am 20. Ok- tober 1675 verstarb,61 setzten die gerichtlichen He- xenverfolgungen in der Grafschaft Vaduz und in der Herrschaft Schellenberg mit der Aufzeichnung von Zeugenaussagen (Inquisitionen) wieder ein. Die da- rauffolgende, bislang nur vage bezeugte Prozessse- rie des Jahres 167562 ist in den «Litterae annuae» nun eindeutig belegt. Sie fiel wohl nicht zufällig mit 
dem Amtsantritt des jungen Grafen Ferdinand Karl Franz (1650-1686) zusammen. Zu Beginn des darauffolgenden Jahres wurden die Prozesse weitergeführt, bis sie anscheinend aus finanziellen Gründen in Stocken gerieten. Schliess- lich nahmen die Landstände im Juni 1676 bei Ritt- meister Hartmann Planta zu Malans einen Kredit in der Höhe von 600 Gulden auf, unter anderem damit die gerichtliche Verfolgung vermeintlicher Hexen- personen weitergeführt würde. Der junge Graf ver- pflichtete sich im Gegenzug zwar zur Überlassung von erwarteten Konfiskationsgeldern in entspre- chender Höhe, Hess jedoch keine Hexenprozesse mehr einleiten.63 Von den Ereignissen des Jahres 1675 berichten die «Litterae annuae» Folgendes: Parem in extremis charitatem evocati praestitimus septenis de quindecim miseris viris faeminisque in vicino comitatu veneficii postulatis, ac resecto capite concrematis, quos tribus diversis iudiciis condemnatos, quini nostrum ad supplicium aequo animo ferendum, atque ad aeterna rite, ut spes est, dispositos ad feralem ictum deducebamus. Finitis suppliciis munus apostrophen ad circumstantes more patrio habendi, orandique suffragia pro de- functis ä caeteris religiosis, qui maiori numero ac senio aderant, nostris tarnen bis est commenda- tum.M Die gleiche Nächstenliebe in den letzten (Stunden) gewährten wir, da wir herbeigerufen worden waren, sieben von fünfzehn bedauernswerten Männern und Frauen in der benachbarten Grafschaft, die der He- xerei angeklagt und nach der Enthauptung ver- brannt worden waren. Damit diese die Hinrichtung gefasst ertrugen, begleiteten fünf von uns diese in drei verschiedenen Gerichtsverfahren Verurteilten und nach den vorgeschriebenen Zeremonien - so die Hoffnung - auf die Ewigkeit Vorbereiteten zum tödli- chen Hieb. Nach den Hinrichtungen wurde die Auf- gabe, sich nach einheimischer Sitte an die Umste- henden zu wenden und Fürbitten für die Toten zu be- ten, von den übrigen Geistlichen, die in grösserer Zahl und höherem Alter da waren, doch zwei Mal den Unsrigen anvertraut. 224
	        

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