DIE FELDKIRCHER JESUITEN IM KAMPF GEGEN HEXEN UND DÄMONEN / MANFRED TSCHAIKNER Aus den Reihen der Jesuiten stammten sowohl massgebliche Befürworter und Förderer als auch bedeutende Gegner der frühneuzeitlichen Hexen- verfolgungen. Nach dem Ordenshistoriker Bern- hard Duhr (1852-1930)1 entsprachen die Unterneh- mungen Ersterer nicht den Vorgaben der Gesell- schaft Jesu und hatten als Verfehlungen Einzelner zu gelten. Eine grundlegende Studie zur österrei- chischen Provinz der Jesuiten in den Jahrzehnten um 1600 gelangte diesbezüglich zu einer anderen Einschätzung, stellte aber ebenfalls fest, dass die Or- densmitglieder «an der Aufdeckung und Verfolgung einer Verschwörung des Teufels und der Hexen of- fenbar nicht interessiert waren». Ihr Ziel bestand vielmehr im Kampf gegen den Satan zwecks Heilung sowie Propagierung der priesterlichen Wirkungs- macht und ihrer Mittel. Dazu gehörten aber auch Verteufelungen konfessioneller Gegner und Teufels- austreibungen. Vereinzelt veranlassten Jesuiten da- durch Hexenprozesse.2 Um 1600 allerdings erfolgte bei den führenden Köpfen des Ordens eine Abwen- dung von der früher unkritischen Befürwortung von Hexenverfolgungen. Fortan überwog eine ableh- nende Haltung, wenn auch die Existenz von Hexen nicht grundsätzlich in Frage gestellt wurde.3 Dieser Wandel war bei der Ordensleitung auch mit einer zurückhaltenderen Einstellung gegenüber Exorzis- men verbunden.4 Dennoch konnten Jesuitennieder- lassungen in bestimmten Regionen, wie etwa im nördlichen Kroatien, bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts weiterhin als massgebliche För- derer der dämonologischen Hexenvorstellung und der damit verbundenen Verfolgungen in Erschei- nung treten.5 Wie standen die Ordensleute in Feld- kirch zum Hexentreiben in ihrem Umfeld? Bei der 1649 gegründeten Feldkircher Missions- station, die 1653 zu einer Residenz unter der Lei- tung eines Superiors und 1680 zu einem Kolleg mit einem Rektor erhoben wurde,6 steht in der regiona- len Geschichtsschreibung die hohe Bedeutung für Bildung und Wissenschaft im Vordergrund.7 Tat- sächlich unterrichtete in der Stadt an der III im 17. Jahrhundert eine beeindruckende Reihe gelehr- ter Persönlichkeiten, die Wissen aus den verschie- densten Universitäten in den unterrätischen Raum
1) Vgl. dazu Behringer, Wolfgang: Geschichte der Hexenforschung. In: Wider alle Hexerei und Teufelswerk. Die europäische Hexenver- folgung und ihre Auswirkungen auf Südwestdeutschland. Hrsg. v. Sönke Lorenz u. Jürgen Michael Schmidt. Ostfildern, 2004, S. 485- 668, hier S. 531. 2) Heiss, Gernot: Konfessionelle Propaganda und kirchliche Magie. In: Römische Historische Mitteilungen. Bd. 32/33. Hrsg. v. Otto Kresten u. Adam Wandruszka. Wien, 1990/91, S. 103-152, hier besonders S. 103-104 u. 131-151: Voltmer, Rita: Jesuits (Society of Jesus). In: Encyclopedia of Witchcraft. The Western Tradition. Hrsg. v. Richard M. Golden. Bd. 2. Santa Barbara/California, 2006. S. 586- 589, hier S. 587-588. 3) Voltmer (wie Anm. 2), Jesuits. S. 588. 4) Decker. Rainer: Die Hexen und ihre Henker. Ein Fallbericht. Freiburg-Basel-Wien, 1994, S. 28-30. 5) Vedris, Trpimir: Croatia. In: Encylopedia of Witchcraft. The Western Tradition. Hrsg. v. Richard M. Golden. Bd. 1. Santa Barba- ra/California. 2006, S. 233-236, hier S. 235; Rummel, Walter; Voltmer, Rita: Hexen und Hexenverfolgung in der Frühen Neuzeit. Darmstadt, 2008, S. 92. 6) Rapp, Ludwig: Topographisch-historische Beschreibung des Generalvikariates Vorarlberg. Bd. 1. Dekanat Feldkirch. I.Abt. Brixen, 1894, S. 147 u. 151; Winkler, Gerhard: Geschichte des Gymnasiums in Feldkirch von 1649 bis 1773. In: Festschrift 350 Jahre Gymnasium Feldkirch. Hrsg. v. Harald Walser. Feldkirch. 1999, S. 29-62, hier S. 56. 7) Winkler (wie Anm. 6). S. 32 u. 38; Fischer, Albert: Reformatio und Restitutio. Das Bistum Chur im Zeitalter der tridentinischen Glau- benserneuerung. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Priester- ausbildung und Pastoralreform (1601-1661). Zürich, 2000. S. 442- 525; Löcher, Bernhard: Das österreichische Feldkirch und seine Jesuitenkollegien «St. Nikolaus» und «Stella Matutina». Höheres Bildungswesen und Baugeschichte im historischen Kontext 1649 bis 1979. Frankfurt a. M. 2008 (= Mainzer Studien zur Neueren Ge- schichte 22); 350 Jahre Jesuiten in Feldkirch 1649-1999. Ausstel- lungskatalog der Bibliothek der Diözese Feldkirch 4. Bearb. v. Ger- hard Podhradsky. Feldkirch, 1999, S. 13-16; zur Bibliothek der Feld- kircher Jesuiten vgl. ders.: Johann Chrysostomus Rellings Bücher aus dem Feldkircher Jesuitenkolleg (1649-1773). In: Montfort42 (1992), S. 160-182. 213