Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2009) (108)

DIE WILLKÜRHERRSCHAFT DES GRAFEN FERDINAND KARL FRANZ VON HOHENEMS ZU VADUZ Ein besonders gut belegtes historisches Beispiel für landesherrliche Willkür und Grausamkeit ist Graf Ferdinand Karl Franz von Hohenems zu Vaduz. Sei- ne Regierungszeit in Vaduz und Schellenberg be- gann 1662. Obwohl er bereits von seinem Vater Schulden in der Höhe von zirka 30 000 Gulden über- nommen hatte,52 tat er wenig, um diese zu verrin- gern, sondern vergrösserte diese soweit, dass sie am Ende seiner Regierungszeit bereits mehr als 50 000 Gulden betrugen.53 Gleichzeitig führte der Graf eine Willkürherr- schaft gegen seine Untertanen. Die Regierungszeit des Grafen Ferdinand Karl Franz von Hohenems war durch eine ununterbro- chene Misswirtschaft und daraus resultierende noch grössere Verschuldung geprägt. Eine Geldquel- le zur Bezahlung der vielen Schulden erkannte der Graf jedoch in den Möglichkeiten der Gegenrefor- mation, indem er rücksichtslos Hexenprozesse un- terstützte und vorantrieb um danach die Vermögen der Opfer zu konfiszieren. Die Beschuldigten wur- den dabei besonders grausamen Foltermethoden wie dem sogenannten «Spanischen Fusswasser» unterzogen, welche sonst im gesamten Heiligen Rö- mischen Reich nicht angewandt wurden, und an- schliessend zum Tode verurteilt. Deren hinterlasse- nes Vermögen teilte sich der Graf mit der Vaduzer Obrigkeit.54 Die Anzahl der Kriminalprozesse, die in Sachen «Delictum Magiae» in Vaduz und Schellen- berg zwischen 1650 und 1680 geführt wurden, be- trug ungefähr 12055, was auf die geringe Bevölke- rungszahl umgerechnet die höchste Rate an Hexen- prozessen im ganzen Heiligen Römischen Reich ausmachte.56 Zu den Hexenprozessen vertritt Manfred Tschaik- ner die Ansicht, dass im Gegensatz zum finanziellen Interesse der Obrigkeit an den Prozessen das massi- ve Verfolgungsbedürfnis der Bevölkerung, welche die vermeintlichen Verursacher ihrer Nöte auszu- rotten trachtete, lange Zeit zu wenig betont wurde. Ebenso sieht Tschaikner äussere Ursachen wie 
Kriege und Truppendurchzüge, die als weitere Ver- ursacher der allgemeinen Not in der Bevölkerung galten, als Grund für die Bereitschaft der Bevölke- rung zur Verfolgung von angeblichen Hexen.57 Auffällig ist, dass die Hexenprozesse nach dem Wegfall der spanischen Pensionen nach dem West- fälischen Frieden in Vaduz und Schellenberg ihren Anfang nahmen und offenbar als guten Einkom- mensquelle der Obrigkeit immer grössere Ausmasse annahmen. Weil das konfiszierte Vermögen der Op- fer, deren Unschuld erst nach ihrem Tod von der Ju- ristischen Fakultät in Salzburg in einem Gutachten für den Reichshofrat festgestellt wurde,58 für die Rückzahlung der Schulden verwendet wurde, zeigt sich an diesem Beispiel, zu welchen grauenhaften Auswüchsen die fehlenden spanischen Pensionen führen konnten. Nachdem die Unterdrückung der Bevölkerung durch den Grafen Ferdinand Karl Franz von Hohen- ems immer unerträglichere Ausmasse angenom- men hatte, und sich vermehrter Widerstand bei den Hinterbliebenen der Opfer der Hexenprozesse for- mierte, fasste ein Teil der Bevölkerung 1679 endlich den Mut, sich beim jüngeren Bruder des Grafen Fer- dinand Karl Franz, Jakob Hannibal III., zubeschwö- ren. Jakob Hannibal von Hohenems leitete die Ange- legenheit gemeinsam mit dem Statthalter von Tirol und den Vorlanden, Herzog Karl V. von Lothringen, an den Kaiserhof weiter. Daraufhin kam es am 12. Mai 1681 zur Einsetzung einer kaiserlichen Unter- suchungskommission unter der Leitung des Kemp- tener Fürstabts Rupert von Bodman.59 Dieser veran- lasste die Untersuchung der Hexenprozesse durch die Juristische Fakultät in Salzburg. Die Juristische Fakultät erklärte in einem Rechtsgutachten alle Pro- zesse, die in Sachen «Delictum Magiae» gegen die Untertanen von Vaduz und Schellenberg geführt worden waren, für unrechtmässig und daher ungül- tig. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass allen hinter- lassenen Erben das konfiszierte Geld und Gut resti- tuiert werden musste.60 Zusätzlich zu diesen schweren Verbrechen wur- de dem Graf Ferdinand Karl Franz von Hohenems noch eine Unzahl anderer Delikte zur Last gelegt, wie aus den Zeugenprotokollen des Jahres 1684 196
	        

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