Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2009) (108)

DIE FAMILIE BRANDIS IM SCHWABEN- KRIEG 1499 Der Schwaben- oder Schweizerkrieg von 1499 stell- te alle Mitglieder der Familie Brandis vor eine schwierige Entscheidung. Einerseits waren sie alle durch ihre konsequente politische Linie oder auch durch Dienstverträge dem Hause Österreich ver- pflichtet, andererseits standen sie im eidgenössi- schen Bürgerrecht. Schon 1489 hatte sich Zürich beim Bischof von Chur erkundigt, ob die Brandis «Aidgnossen syend, ob Östericher».58 Ludwig von Brandis, Rat Erzherzog Sigmunds von Österreich und Mitglied des Schwäbischen Bundes, war Bürger zu Bern; sein Bruder Sigmund IL, verheiratet mit ei- ner Nichte des Churer Bischofs Heinrich von He- wen, war ebenfalls Bürger von Bern; ihre Schwester Verena stand mit ihren beiden Söhnen, den Grafen Rudolf V. und Wolf Hermann von Sulz, im Bürger- recht von Zürich; ein Halbbruder, Matthias von Kas- telwart, war Bürger von Luzern; Hans Nick oder dessen Sohn bewarben sich 1499 um das Bürger- recht von Glarus. Auch die geistlichen Brüder Wer- ner-Thüring und Wolfgang (richtig wohl Wolfhart VII.) von Brandis entschieden sich für Österreich. Nur der Bruder Johannes, Dompropst zu Chur, be- zog eine klare Linie für die Bündner und Eidgenos- sen. Gleich zu Beginn des Krieges gerieten die Brandis mit ihren Schlössern Vaduz und Maienfeld in eine Frontlage. Obwohl der Bischof von Chur noch ver- geblich zu vermitteln versucht hatte, mussten sich die Brandis frühzeitig entscheiden. Sie stellten sich zu ihrem grossen Schaden geschlossen auf die Seite Österreichs und hatten dafür als Besiegte einen ho- hen Preis zu zahlen. Erst als es schon zu spät war, bemühte sich Ludwig von Brandis bei den Eidge- nossen darum, sein Verhalten als Neutralität umzu- deuten, musste sich aber sagen 
lassen, er sei all sein Lebtag ein böser Eidgenoß gewesen, habe ihnen übel geredet und getan.69 Hätte nicht Bern aus der Ferne immer wieder seine schützende Hand über ihn ge- halten, hätte er kaum überlebt oder gar seine Herr- schaften zurückerhalten. 
Am härtesten durch den Schwabenkrieg betrof- fen war Matthias von Kastelwart, der als Haupt- mann des Breisgaus am 22. Juli 1499 in der Schlacht bei Dornach sein Leben verlor. Ludwig von Brandis verbrachte seine Gefangenschaft zunächst auf den Schlössern in Werdenberg und in Rappers- wil, seit März 1499 befand er sich in Geiselhaft in ei- nem Wirtshaus in Luzern. Sigmund IL, Wolfhart VII. und Werner-Thüring wurden von Februar bis De- zember 1499 nach Chur in die Obhut ihres eidgenös- sisch gebliebenen Bruders Johannes gegeben, aber mit eingeschränkter Bewegungsfreiheit. Auch die beiden Söhne der Verena von Brandis, Rudolf V. und Wolf Hermann von Sulz, die nach dem Tode ihres Va- ters unter der Vormundschaft des Matthias von Kas- telwart und des Ludwig von Brandis standen, Hessen sich, obwohl sie Bürger von Zürich waren, «in ju- gendlicher Unbesonnenheit verleiten, gegen die Eid- genossen Partei zu ergreifen»70 und mussten an ih- ren im Hegau gelegenen Gütern schwere Verluste erleiden. Auch Hans Nick selbst kämpfte an verschie- denen Kriegsschauplätzen, ebenso sein Sohn, der in eidgenössische Gefangenschaft geriet. Kaum ein Mit- glied der in Maienfeld und Vaduz herrschenden Fa- milie kam in diesem Krieg ungeschoren davon, aus- genommen blieb nur der Churer Dompropst (und mitregierende Landesherr!) Johannes von Brandis. Allerdings blieben die Eidgenossen nicht nachtra- gend, sondern nahmen nach dem Krieg die von Brandis wieder in Gnaden auf. Dieser Wandel in der Gesinnung der Eidgenossen kommt in einigen Volksliedern deutlich zum Aus- druck. In einem Spottlied auf Ludwig als Oberhaupt des Hauses Brandis sangen die Eidgenossen:71 0 Ludwig von Brandis, wärest du stil gesässen, Als dir wol gezimpt und zugelassen were, Hättest du der Aidgnossen trüwen rat nit vergässen, Und dich die Pünt zu straffen nit vermässen, Din sach wer gewesen gut, Und läbtest infroüd und muot. 170
	        

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