Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2008) (107)

BESTÜNDE DIESE SCHULE NICHT, MÜSSTE SIE GESCHAFFEN WERDEN / MARTINA SOCHIN IST EIN SCHWIMMBAD MORALISCH VERTRETBAR? Briefe des Schulkommissariats an die Generaloberin der ASC-Schwestern in Rom deuten daraufhin, dass beim Schulneubau 1956/57 die Konstruktion eines Schwimmbades mitgeplant gewesen wäre, und ma- chen den Einsatz des damaligen Schulkommissärs Rudolf Meier243 für das Institut St. Elisabeth deutlich. Noch vor den Beratungen im liechtensteinischen Landtag zwecks einer Subvention des Neubaus der Schwesternkongregation hatte sich der Schulkom- missär Rudolf Meier an die Generaloberin in Rom ge- wandt, um ihre Zustimmung zum Bau eines Schwimmbades zu erbitten. Er wies dabei darauf hin, dass auch andere religiöse Kongregationen und Orden an ihren Instituten über ein Schwimmbad ver- fügen würden und dieses Schwimmbecken bei den anderen Kongregationen nicht nur den Schülerin- nen, sondern auch den Schwestern beziehungsweise den Brüdern dienen würde. Dabei machte er den Um- stand geltend, dass das Institut St. Elisabeth mit der starken Schweizer Konkurrenz mithalten können müsse und der Bau deshalb unbedingt erforderlich wäre. Der Schulkommissär berichtete der General- oberin in Rom von der Tatsache, dass es in Liechten- stein, einem Land ohne Strände, Flüsse und Seen, nicht viele Möglichkeiten zum Baden gäbe und die Mädchen des Instituts zum Schwimmen nach Buchs ins öffentliche Schwimmbad gehen müssen: «dun- que in un paese protestante, dove l'ambiente non ci piace punto»,244 auf deutsch: «folglich in eine protes- tantische Gegend, wo uns das Milieu gar nicht ge- fällt». Nicht zuletzt drohte er der Generaloberin da- mit, dass das gesamte Projekt des Schulhausneubaus und die Subvention des Landtages gefährdet wären, falls das Bedürfnis nach einem Schwimmbad nicht verwirklicht werden könne.245 Dass dies nur eine lee- re Drohung war, kann damit erklärt werden, dass zum Zeitpunkt dieses Briefes die Sitzung über den Subventionsbeitrag im Landtag noch gar nicht statt- gefunden hatte.246 Gut sechs Wochen später schickte das Schulkom- missariat erneut einen Brief an die Generaloberin in Rom, da Rudolf Meier bis dahin noch keine Rück-235) 
Ebenda, Lohnzusammenstellung an die liechtensteinische Landeskasse, 14. März 1961. 236) Dies entspricht einem Anteil von 40 Prozent von dem, was die männlichen Volksschullehrer verdienten. Der Durchschnittslohn der Volksschullohrer kann anhand des in den Rechenschaftsberichten der Regierung veröffentlichten Zahlenmaterials berechnet werden. Wird aus demselben Zahlenmaterial auch der Lohn der Lohrschwestern an den Volksschulen berechnet, stimmt dieser mit der oben genannten Quelle überein. Siehe dazu RBR 1960, S. 10; S. 96-98. 1940 hatten die Lehrschwestern an den Volksschulen 44,5 Prozent des Lohnes der Volksschullehrer erhalten, 1950 35,7 Prozent. Siehe dazu RBR 1940. S. 8; S. 60-61; RBR 1950, S. 8; S. 104-106. 237) Alexander Frick (* 18. Februar 1910. f 31. Oktober 1991). Dr. h. c. Von Beruf Lehrer und Steuerbeamter. Regierungschef von 1945-1962. Alexander Frick war zudem Landtagsabgeordneier der FBP von 1966-1974. Gleichzeitig amtierte er von 1966-1970 als Landtagsprä- sident und von 1970-1974 als Landtagsvizepräsident. Siehe zu Alexander Frick: Vogt, 125 Jahre Landtag. S. 156; Fürstlicher Rat Dr. h .c. Alexander Frick, alt Regierungschef (1910-1991 Todesjahr), in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechten- stein. Band 91, Vaduz. 1992, S. 1-6. 238) LLA, V 102/1055/10, Schulkommissär an Anbeterinnen des Blu- tes Christi, 1. Juni 1961. 239) LLA, RF 267/792. Amtsvermerk des Schulamtes. 7. Juli 1975: LLA, RF 267/792. Entschädigung der Pfarrherren für den Religionsun- terricht im Schuljahr 1974/75.18. Februar 1975. 240) Siehe das Interview mit Sr. Mathild vom 28. September 2006. Zu den weiteren Verhandlungen betreffend Umwandlung der Höheren Töchterschule in eine staatliche Realschule unter privater Träger- schaft und die damit verbundene Rechtsstellung der Kongregations- schwestern siehe Sochin. «Du Mägdlein höre!». S. 155-167. 241) Siehe LLA, RF 307/113, Amtsvermerk des Schulamtes, 12. Juni 1973. Ab 1971 unterrichteten am Institut St. Elisabeth vom Schulamt eingestellte und vom Staat bezahlte weltliche Lehrkräfte. Damit ka- men auch erstmals männliche Lehrer, die keine Geistliche waren, an das Institut. 242) Siehe dazu das Interview mit Sr. Mathild vom 28. September 2006. Laut Sr. Mathild habe das Schulamt stets grossen Wert darauf gelegt, dass weltliche Lehrer dem Institut zugeteilt wurden, von denen die Schulbehörden das Gefühl gehabt hätten, dass sie auch zu ihnen, den Schwestern und dem Institut St. Elisabeth, passen würden. 243) Rudolf Meier (* 15. Februar 1898.11. Oktober 1957). Dr. phil. und lic. theol. Am 28. Oktober 1924 wurde er in Rom zum Priester ge- weiht. 1925-1946 Lehrer am Kollegium Maria-Hilf in Schwyz, bevor er 1946 bis zu seinem Tod Landesschulkommissär und Religionsleh- rer in Vaduz war. Zu Rudolf Meier vgl. Franz Näscher: Meier Rudolf. In: Historisches Lexikon für das Fürstentum Liechtenstein, erscheint 2009. 244) LLA, V 102/0323. Schulkommissariat an Generaloberin Ester Graziosi, 18. Februar 1956. 245) Ebenda. 246) Der Brief des Schulkommissärs datiert vom 18. Februar 1956. Die Landtagssitzung über den Subventionsbeitrag fand aber erst, am 5. April 1956 statt. Siehe LTP vom 5. April 1956, S. 37-42. 59
	        

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