Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2007) (106)

1946.88 Auch als im Jahr 1952 zusätzlich eine Wirt- schaftsmittelschule bis zur mittleren Reife im Colle- gium Marianum geplant war, schloss man Mädchen ausdrücklich vom Unterricht aus.89 27 Jahre nach dem ersten Versuch konnten im Jahr 1968 die ersten zwölf Mädchen ganz legal in die erste Klasse des Liechtensteinischen Gymnasi- ums eintreten und 1975 mit der Matura abschlies- sen. DIE PRIVATE LÖSUNG: DER BESUCH EINER HANDELSSCHULE Zu Beginn des 20. Jahrhunderts besuchten verein- zelt Frauen private Handelsschulen in der Schweiz oder in Österreich.90 Voraussetzung dazu war ein fortschrittlich denkendes Elternhaus, das auch die nötigen finanziellen Mittel besass. In den späten 1930er sowie in den frühen 1940er Jahren boten die Schwestern des kostbaren Blutes kaufmännische Kurse mit berufsbildendem Charak- ter an91 und ab 194692 in ihrem Institut St. Elisabeth Bestimmung zur «Wirt- schaftlichen Mittelschule», abgedruckt im «Liechten- steiner Volksblatt» vom 24. Dezember 1952; ausdrück- lich wird daraufhingewie- sen, dass Mädchen an die- ser Schule nicht zugelassen sind 
eine Art wirtschaftliche Mittel- bzw. Töchterschule, Kurse mit kaufmännischer Orientierung. Die Abgän- gerinnen dieses vierjährigen Bildungsganges waren, wie bereits erwähnt, begehrte zukünftige Büroange- stellte: Sie waren nicht nur gut qualifiziert, da sie bei den Schwestern eine solide Ausbildung erhalten hat- ten, sie galten auch als sehr fleissig und bescheiden, waren jung, arbeiteten für wenig Lohn und würden nach ein paar wenigen Jahren ihre Stelle wieder neuen St. Elisabeth-Abgängerinnen überlassen. Ein hierarchischer Aufstieg innerhalb des Betriebs und eine Lohnerhöhung mussten so seitens der Arbeits- geber erst gar nicht in Erwägung gezogen werden. Ende der 1940er sowie in den 1950er Jahren be- suchten einige junge Liechtensteinerinnen schwei- zerische Internatsschulen mit einer berufsbilden- den Handelsabteilung, wie das Theresianum in In- genbohl, das Constantinum in Chur, das Stella Maris in Rorschach oder das Pensionat Maria vom Berg in Menzingen.93 Diese Kurse dauerten oft nicht länger als ein halbes bis ein ganzes Jahr. Die Kantonsschule Sargans führte seit ihrer Er- öffnung 1963 auch eine Handelsschulabteilung (Di- plomhandelsschule), welche einen vierjährigen Kurs mit berufsbildendem Charakter anbot, der mit ei- nem Handelsdiplom abschloss. Bis 1978 besuchten aber nur gerade drei Liechtensteinerfinnen?)94 die- sen Kurs. Eine eigentliche Handelsschulausbildung war in der Nachkriegszeit erst mit der Eröffnung der Kan- tonsschule Sargans möglich. Dieses Angebot wurde aber erst ab den 1980er Jahren wirklich genutzt. Bis dahin herrschte offensichtlich die Meinung, ein gemischter Bildungsweg, d.h. Hauswirtschaft und Einführung in die Handelsfächer würde für junge Frauen genügen. Die liechtensteinische Gesellschaft sah die Frauen immer noch vornehmlich in der Rol- le der Hausfrau und Mutter. Bis zur Verehelichung konnte sie arbeiten. Für Frauen aus der Mittel- schicht war die Arbeit im Büro vorgesehen, denn so war sie nach der Verehelichung dank ihren Kennt- nissen aus der Bürotätigkeit in der Lage, Rechnun- gen zu stellen und kontrollieren und die Buchhal- tung des Haushaltes sowie der Firma, des Ladens oder des Geschäftes des Ehemannes zu führen.95 
Par. 6 Schuleintritt In der „Wirtschaftlichen Mittelschule" kön- nen nur Schüler aufgenommen werden, die die 5. Klasse einer' liechtensteinischen Volksschule mit Erfolg absolviert haben, oder, falls sie aus dem Ausland kommen, sich über eine gleich- wertige Vorbildung ausweisen. Mädchen wer- den zum Unterricht nicht zugelassen. 42
	        

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