Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2007) (106)

«NODI PONTIFICIORUM | SOLUTI. | Das 
ist/1 Gründ- liche Widerlegung | Päbstischer Irrthumb | Umb | Dero willen sich unerträglicher Päbstischer Ty= | ranney nicht allein selbsten billicher massen entschüttet/ und | zu der wahren Evangelischen Freyheit/ und Religi- on gesell | let/ sondern über das solche zu vieler an- noch Jrrgehen= | den löblicher Nachfolge in Truck gege= | ben hat | JOANNES ROMARICUS BRÜGLER | Fri- burgensis Brisgoius J. U. Doctor | [Zierstück] | Roten- burg/ | Gedruckt bey Noah von 
Millenau/1 Jm Jahr 1665. |».34 Der Druck verwendet zwei Zierstücke, von denen besonders dasjenige auf dem Titelblatt überrascht: Es stellt den in einem reichsstädtischen Druck zu erwartenden Reichsadler als einen Adler mit einem Engelskopf dar. Im Übrigen weist der Druck keine besonderen Qualitäten auf. Der Text ist relativ un- gegliedert aneinander gereiht, was die Lektüre er- schwert. Er verzichtet auf eine Paginierung und be- gnügt sich stattdessen mit Bogensignaturen. Es wird dadurch schwierig, den Text zu zitieren; man sollte ihn aber schon deswegen zitieren können, weil es sich um eine ausgesprochen polemische Schrift handelt. Somit entsteht der Eindruck, dass man in der ersten Begeisterung über die Rede, die Brügler im Rothenburger Gymnasium gehalten hat, sich schnell entschlossen hat, den Text in Druck zu ge- ben. Der Text Brüglers war ein Vortragsmanuskript und in keiner Weise für eine Drucklegung vorberei- tet. Es fehlt auch an einer Vorrede und einer Wid- mung, da alles offenbar sehr schnell gehen sollte. Zweifellos standen Brügler bei der Drucklegung die führenden Persönlichkeiten von Kirche und Schule zur Seite; es ist kaum glaubhaft, dass Brügler es al- lein gewesen ist, der «hernach eine teutsche Con- fession 472 Bögen lang allhie druken lassen» hat.35 Die Frage stellt sich, inwieweit die Konversion Brüglers wirklich echt gewesen ist. Zum einen ent- stammte Brügler einer habsburgtreuen katholi- schen Beamtenfamilie. Auch der spätere Lebens- weg Brüglers weist ihn als guten Katholiken aus, der lebhafte Beziehungen zu zahlreichen Klöstern 
wie St. Gallen, Petershausen, Stein am Rhein, St. Martinsberg/Pannonhalma (Ungarn) oder Sittich (Sticna, Slowenien) sowie zu Bischöfen von Chur oder Passau unterhielt. Aber vielleicht hatte der junge Brügler seinen festen Standort in der katholi- schen Kirche noch nicht gefunden, vielleicht wollte er im jugendlichen Eifer auch provozieren. Ent- schieden zu weit geht aber die Meinung, die sich später in Rothenburg durchsetzte, Brügler sei le- diglich als ein Spion der Jesuiten in die Stadt einge- drungen. Dagegen spricht vor allem, dass die Bürger von Rothenburg ihn, nachdem er kurze Zeit später er- krankt war, mit Wohltaten überhäuften. Insbeson- dere fand Brügler eine besonders freigebige finan- zielle Unterstützung seitens der Witwe des kurz zu- vor verstorbenen Rothenburger Spitalpfarrers und Superintendenten Daniel Rücker (1605-1665).36 Es hat den Anschein, dass Brügler gegenüber der Wit- we Heiratsabsichten kundgetan hat, was ihm in Ro- thenburg den Ruf eines Heiratsschwindlers und Hochstaplers einbrachte. Vielleicht hatte Brügler den Rothenburger Erwar- tungen denn doch nicht so ganz entsprochen wie es in der ersten Begeisterung über die Konversion er- schien. Jedenfalls schlug jetzt die Sympathie für Brügler in das Gegenteil um. Eine gewisse Zurückhaltung erfordert auch der Vorwurf, Brügler sei ein Heiratsschwindler gewe- sen. Zwar steht er im Nachhinein als Heirats- schwindler da. Aber Brügler war immerhin Jung- geselle, er mag sich auch durchaus zu der Witwe, die ihn umsorgte, hingezogen gefühlt haben. Man kann ihm wohl einen «Appetitus maritandi» kei- neswegs ganz absprechen. Doch mögen ihm später Bedenken gekommen sein, besonders wegen des Altersunterschiedes; die Witwe Rücker hatte im- merhin erwachsene oder fast erwachsene Kinder. Fünf Wochen nach seiner Ankunft und sobald er wieder genesen war, also vermutlich Anfang De- zember 1665, ist Brügler unter Mitnahme des ihm von der Witwe anvertrauten Geldes aus der Stadt «davongewischt», angeblich nach Bayreuth. Wir erleben hier das, was sich 1679 in Vaduz wieder- holen sollte, als Brügler unter Mitnahme der ihn 162
	        

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