Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2007) (106)

Aufgebot. Obwohl der militärische Befehlshaber des Grafen, Hauptmann Johann la Cour, unabhängig, jedoch im Einvernehmen mit Raitnau Verteidi- gungsvorbereitungen ergriff, änderte dies nichts an der Tatsache, dass Vaduz und Schellenberg in den Jahren 1620 bis 1622 von fremden Truppen besetzt waren.15 Nachdem der früh herein gebrochene Winter 1620/21 verhältnismässig ruhig verlaufen war, spitzte sich die Lage ab dem Februar mehr und mehr zu. Am Ende des Monats gab Graf Kaspar ei- nen vertraulichen Bericht über den Mord am Führer der spanischen Partei in Graubünden, Pompejus Planta auf Schloss Rietberg im Domleschg, an die geheimen Räte in Innsbruck weiter. Nach der Plün- derung des österreichischen Schlosses Rhäzüns leg- ten die Bündner zur Sicherung der von Vorarlberg aus besetzten Burg Gutenberg eine starke Garnison vor die St. Luzisteig. Der Maienfelder Prädikant (re- formierter Geistlicher und Chronist) Bartholomäus Anhorn dementierte am 20. März gegenüber dem Hohenemser Grafen Gerüchte, wonach die protes- tantischen Graubündner den Katholiken in ihrem Land den Glauben nehmen wollten. Graf Kaspar hoffte noch Ende des Monats durch Versicherung an den französischen Gesandten in Chur für seine Reichslande die Neutralität zu erhalten. Vorerst sah es danach aus, als sollte ihm dies auch gelingen.17 Aber schon wenige Tage danach scheiterten die Ver- handlungen zwischen Habsburg und Graubünden zur friedlichen Beilegung des Konflikts.18 Im April stand Rittmeister Erhard de Brion mit 150 Reitern bei Feldkirch, dessen Beamte ihm Treue zu schwö- ren hatten. Der Landtagsabschied vom 25. Juni 162119 bewilligte Obristhauptmann Raitnau acht Fahnen zu je 500 Mann Vorarlberger Miliz. Die Hauptaufgabe des Vorarlberger Kommandanten be- stand darin, das Zürcher Regiment des Obersten Steiner an der St. Luzisteig in Schach zu halten. Am 26. Oktober 162 1 
20 griffen Herzog Olivarez de Figueron vom Corner See, Oberst Baldiron von Fins- termünz und Rittmeister Brion über das Schlappi- ner Joch mit über 10 000 Mann Graubünden an. Ru- dolf Planta und Baldiron zogen am 22. November siegreich in Chur ein, die reformierten Führer flo-hen 
und den Bündnern wurden die Waffen abge- nommen. Ransperg schreibt, dass das Landvolk vier Wochen danach nach Hause geschickt wurde, wäh- rend die Söldner als Besatzung in Graubünden ver- blieben. Hauptmann Grenzings Kompanie der Vor- arlberger Miliz verweilte den ganzen Winter auf der Festung Gutenberg. Nach dem Vertrag vom 16. Ja- nuar 1622 in Lindau war der Freistaat der Drei Bün- de österreichische Militärprovinz geworden: Das Münstertal, das Prättigau, Davos und das Schanfigg gliederte man an die Grafschaft Tirol.21 Schon am 24. April erhoben sich jedoch die Prät- tigauer und erschlugen dabei den Prediger der Ge- genreformation, den nachmaligen Heiligen Fidelis von Sigmaringen, in der Kirche von Seewis.22 Zwei Tage danach gelangte die Nachricht zum Obrist- hauptmann Raitnau, der sofort «... mit lossbren- nung der stuckh [Geschütze] und ausgesandter bott- schafft ...»23 die Voralberger Miliz alarmierte. Er brachte binnen kurzer Zeit 3000 Mann zusammen, die er in drei Fahnen (Bataillone) einteilte und gegen Feldkirch vorrücken Hess. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte sollten die Truppen offensiv und ausser Landes gegen den Feind eingesetzt werden. Das Kriegsvolk des Erzherzogs war inzwischen von den Bündnern in Chur und Maienfeld eingeschlossen. Oberst Baldiron wollte von der Bischofsstadt gegen Maienfeld vorstossen, während der Vorarlberger Kommandant vom Montafon aus sowie über die St. Luzisteig einen Entlastungsangriff zu führen hat- te. Die Miliz nahm Quartier in Balzers, Triesen und auf Gutenberg.24 Der Vaduzer Landvogt von Pross- waiden gab seinem Landesherrn Graf Kaspar am 3. Mai einen Lagebericht:25 «... In der Staigschanz [St. Luzisteig] sind die Bündner gar nicht stark, aber in den Büheln und im Holz viel versteckt ...». Der Angriff der Miliz und einer Söldnerkompanie vom 5. Mai geriet denn auch zum Desaster. Der Obrist- hauptmann hatte geglaubt, das ihm entgegenkom- mende Volk sei ein Teil der Besatzung von Maien- feld. Die Bündner Soldaten waren danach mit öster- reichischen Uniformen bekleidet.26 Ehe sich Raitnaus Milizionäre zur Verteidigung formiert hatten, fielen die ersten Reihen durch die bündnerischen Waffen. Die Schar löste sich auf, floh 134
	        

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