LIECHTENSTEIN UND DIE TSCHECHOSLOWAKEI BZW. DEREN NACHFOLGESTAATEN SEIT 1945 / ROLAND MARXER Anlässlich der Debatte im Landtag zur Genehmi- gung des EWR-Erweiterungsabkommens ging der liechtensteinische Aussenminister nochmals aus- führlich auf die Beweggründe für die Vorgangswei- se der Regierung ein.54 Sie decken sich im Wesent- lichen mit den Ausführungen im Bericht und An- trag der Regierung Nr. 2/2004 und enthalten auch noch weitere Begründungen für das Verhalten der liechtensteinischen Regierung. Zusammenfassend hielt der Aussenminister fest, dass die Regierung dem ihr dauernd übertragenen Auftrag nachge- kommen sei, die Interessen des Staates Liechten- stein wahrzunehmen und zu vertreten, die in die- sem Zusammenhang vornehmlich und wesentlich auf die Frage der durchgehenden Anerkennung der Souveränität Liechtensteins durch die Tschechi- sche und die Slowakische Republik ausgerichtet waren. Die zahlreichen Reaktionen aus dem Kreis der Vertragsparteien, die das Vorgehen Liechten- steins als richtig einschätzten, hätten die Position der Regierung bestätigt. Die offenen Fragen Liech- tensteins im Verhältnis zu den beiden Staaten seien damit einerseits in den einzelnen Aussenministeri- en ins Bewusstsein gerückt worden, andererseits habe auch auf die Solidarität vor allem der beiden EFTA-Partner im EWR, nämlich Norwegen und Is- land, gezählt werden können, die Liechtenstein in seinen Bemühungen tatkräftig und mit persönli- chem Einsatz der Aussenminister unterstützt hät- ten. Für Liechtenstein sei die offene Frage gegen- über Tschechien und der Slowakei keine lediglich bilaterale mehr, keine, die nur noch Liechtenstein gegenüber den beiden Staaten stelle, sondern die EWR-/EFTA-Staaten hätten sich solidarisch er- klärt. Die EU-Kommission habe im Sinne Liechten- steins versucht, mit den beiden Mitgliedern zu ver- handeln. Dies habe nicht nur Rückwirkungen, son- dern insbesondere Zukunftswirkung. Damit sei auch die Position Liechtensteins gegenüber Tsche- chien und der Slowakei insofern gestärkt, als die beiden Staaten erkennen müssten, dass die offenen Fragen nicht nur ein bilaterales Thema seien, dass europäisch ein Verständnis vorhanden und von be- stimmten Staaten konkret auch eine Unterstützung gegeben sei.
Abgesehen von dieser direkten Frage habe dies auch die Haltung Liechtensteins, die zwar für die EWR-Erweiterung kompromissbereit, in Bezug auf die Souveränität Liechtensteins im liechtensteini- schen Verständnis aber klar gewesen sei, auch ihre Auswirkungen auf andere Vertragsverhältnisse und Verhandlungen. Liechtenstein sei als konsequent verhandelnder Verhandlungspartner angesehen wor- den.55 RATIFIKATION DES EWR-ERWEITERUNGS- ABKOMMENS Anlässlich der Ratifikation dieses Erweiterungsab- kommens gab Liechtenstein eine weitere Erklärung ab, die nicht nur das Verständnis beinhaltete, dass sich die Vertragsparteien verpflichten, «sich um die Beilegung zwischen ihnen bestehender, bislang un- gelöster Streitigkeiten auf friedlichem Wege auf der Grundlage des Völkerrechts» zu bemühen, sondern auch, dass «mit der Ratifikation dieses Übereinkom- mens das Bestehen des Fürstentums Liechtensteins als seit langem bestehender souveräner Staat auch für die in Artikel 1 dieses Übereinkommens genann- ten <neuen Vertragsparteien) ausser Zweifel steht.» VORGEHEN LIECHTENSTEINS IM ZUSAMMENHANG MIT DEM ARKOMMEN ZUR ZINSRESTEUERUNG Die Regierung bestätigte die in ihrer Sicht konse- quente Haltung im Zusammenhang mit der Unter- zeichnung und Ratifikation des mit der EU abge- schlossenen Abkommens zur Zinsertragsbesteue- 53) Ebenda, S. 51-52. 54) Protokoll über die Landtagssitzung vom 10. März 2004. S. 78-105. 55) Siehe hierzu die Verhandlungen bzw. Erklärungen zum Abkom- men Liechtensteins mit der EU zur Zinsertragsbesteuerung. 145