Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2006) (105)

Regierung Tschechiens mit, dass sie sich allen Vor- schlägen Liechtensteins verweigere. Dies führte in konsequenter Haltung der liechtensteinischen Re- gierung dazu, dass Liechtenstein das Abkommen am 14. Oktober 2003 nicht unterzeichnete. Die EFTA-/EWR- Partner Norwegen und Island erklär- ten sich solidarisch mit Liechtenstein und unter- zeichneten das Abkommen ebenfalls nicht. Eben- falls unterzeichnete Italien nicht, dies aber aus der Überlegung heraus, dass Italien als Vorsitzland der EU als letzter Staat unterzeichnen würde. - Die Regierung bedauerte, dass die vielfältigen Bemühungen Liechtensteins, in Zusammenarbeit mit seinen EFTA-/EWR-Partnern und dem zuständigen EU-Kommissar, welchen sie für ihren solidarischen Einsatz einen besonderen Dank ausspricht, eine Lösung zu erzielen, insbesondere seitens der Tsche- chischen Republik nicht anerkannt wurden. Die Regierung sah sich nun angesichts der politischen Bedeutung des EWR und dessen Erweiterung im allgemeinen Interesse und im besonderen Interes- se für Liechtenstein veranlasst, die Unterzeichnung wie vorgesehen am 11. November 2003 vorzuneh- men. Von diesem Vorgehen unberührt bleiben soll- ten die von Liechtenstein gestellten und weiterhin aufrecht erhaltenen Forderungen nach einer durch- gehenden Anerkennung Liechtensteins durch alle Vertragsparteien des EWR-Erweiterungsabkom- mens. Bei der Unterzeichnung des Abkommens am 11. No- vember 2003 gab der liechtensteinische Aussenmi- nister folgende Erklärung ab:53 «Mit Bedauern muss das Fürstentum Liechtenstein den Umstand zur Kenntnis nehmen, dass die Tsche- chische Republik und die Slowakische Republik die innerhalb der Gemeinschaft der Staaten einschliess- lich der Europäischen Union unbestrittene Tatsache nicht akzeptieren, dass das Fürstentum Liechten- stein ein seit langem bestehender souveräner und anerkannter Staat ist, der während des ganzen Er- sten und Zweiten Weltkriegs neutral war. Indem sie diese Position einnehmen, verfolgen die Tschechische Republik und die Slowakische Re- publik ohne Unterbruch gegenüber Liechtenstein 
die Politik der Nicht-Anerkennung ihres Vorgänger- staats, der Tschechoslowakei. Während die Tsche- choslowakei das Fürstentum Liechtenstein im Jahr 1938 als souveränen Staat anerkannt hatte, wurde diese Anerkennung im Jahr 1945 nicht aufrecht er- halten. Diese Nicht-Anerkennung kam zur Haupt- sache zum Ausdruck, als im Jahr 1945 das Eigen- tum liechtensteinischer Staatsangehöriger ohne Ent- schädigung enteignet wurde aufgrund der Behaup- tung, dass es dem Deutschen Volk gehöre, und diese Enteignung stellte eine Verletzung des Völkerrechts dar, wie es zu jenem Zeitpunkt bereits in Kraft stand. Das Fürstentum Liechtenstein sieht sich veran- lasst festzustellen, dass die bei zwei künftigen EWR- Mitgliedstaaten fehlende Respektierung der Sou- veränität und der ihr innewohnenden Rechte eines der EWR-Staaten weder mit dem Geist und den Prinzipien des Europäischen Wirtschaftsraums noch mit den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts vereinbar ist. Dennoch hat das Fürstentum Liech- tenstein, im Interesse einer fortgesetzten multilate- ralen Zusammenarbeit im Rahmen des Europäi- schen Wirtschaftsraums, beschlossen, das Abkom- men zu unterzeichnen. Ungeachtet dessen behält sich das Fürstentum Liechtenstein das Recht vor, die möglichen politischen, rechtlichen und wirt- schaftlichen Schlussfolgerungen, die das Fürsten- tum Liechtenstein im Hinblick auf die Position der Tschechischen Republik und der Slowakischen Re- publik zu ziehen hat, zu prüfen.» Im Weiteren äusserte der liechtensteinische Aus- senminister die Hoffnung, dass in Zukunft eine Lö- sung zu dieser offenen Frage und zu anderen bilate- ralen Problemen zwischen dem Fürstentum Liech- tenstein und der Tschechischen Republik und der Slowakischen Republik gefunden und so eine frucht- bare und gewinnbringende Zusammenarbeit unter allen Mitgliedern des EWR ermöglicht werde. Die Regierung wird diese Angelegenheit weiterhin mit grösster Aufmerksamkeit verfolgen und behält sich weitere Schritte - darunter auch die Abgabe einer Erklärung bis zur Ratifikation - vor, um die Rechts- position Liechtensteins zu wahren. 144
	        

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