Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2006) (105)

SCHLUSS: WIE MAN SEINE SOUVERÄNITÄT VERGOLDET Das Fürstentum Liechtenstein mag klein, machtlos und von der Natur mit Bodenschätzen nicht eben verwöhnt worden sein, aber es ist ein Staat und so- mit souverän. Aus dieser Souveränität Kapital zu schlagen - darin besteht der kluge Gedanke, der ei- nen grossen Teil des hechtensteinischen Wohl- standes erklärt. Liechtenstein benutzte seine Exi- stenz als Staat dazu, ausländischen Interessenten Dinge anzubieten, die in anderen Staaten nicht vor- handen, kaum erhältlich oder schlicht unverkäuf- lich waren: den liechtensteinischen Pass, einen steuergünstigen Wohnsitz für vermögende Rentiers, eigene Briefmarken statt Briefmarken jener Post- verwaltungen, mit denen man wegen der Kleinheit des Landes zusammenarbeiten musste. Am er- folgreichsten war die Idee, sich als Zufluchtsort für ausländisches Kapital anzubieten. Für diesen Zweck instrumentalisierte man das zum Kern staatlicher Hoheit gehörende Steuer- und Gesellschaftsrecht, und zwar auf zweierlei Art und Weise: 1. machte eine niedrige Gesellschaftssteuer das Fürstentum zu einem attraktiven Domizil für ausländisch beherr- schte Sitzunternehmen; 2. schuf man ein spezielles Personen- und Gesellschaftsrecht, das jenen reichen Ausländern entgegenkam, die sich nach grossen Dispositionsmöglichkeiten, nach Anonymität und Sicherheit sehnten. Diese politökonomischen Innovationen, denen eine gewisse Originalität nicht abgesprochen wer- den kann, entstanden nach dem Ersten Weltkrieg, also in einer Zeit der wirtschaftlichen Not, der in- nen- und aussenpolitischen 
Neuorientierung. Faute de mieux entschlossen sich die liechtensteinischen Politiker dazu, für ausländische Investoren - seien es nun Briefmarkensammler, Kapitalflüchtlinge oder Einbürgerungswillige - einen roten Teppich auszu- rollen. Politische Voraussetzung für die Kommer- zialisierung der Souveränität war eine heikle Ba- lance zwischen innen und aussen, zwischen Ko- operation und Abgrenzung, eine Balance, die bis heute immer wieder neu gefunden werden muss. 
ANSCHRIFT DES AUTORS Prof. Dr. Christoph Maria Merki Historisches Institut der Universität Bern Länggassstrasse 49 CH-3000 Bern 9 100
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.