Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2005) (104)

Der Hauptvorwurf gegenüber der Angeklagten bestand jedoch darin, dass sie Schadenzauber an Pferden und Kühen ausübte. Der Lorenzin - die sich anscheinend erfolgreich als Heilerin betätigte, in- dem sie Räucherungen und ein Ritual mit drei Trit- ten anwendete - wurde unterstellt, sie habe die Tie- re, die sie kurierte, davor geschädigt, um auf diese Weise etwas zu verdienen. Laut ihrem Geständnis praktizierte sie dies schon etwa neun Jahre lang. Dazu verleitet habe sie ihre ehemalige Nachbarin Anna, die zur Zeit des Prozesses mit Paulin Willin zu Sargans verheiratet war. Diese habe einst zu ihr ge- sagt: «Greta, du bist arm. Wenn du mir folgst, erklä- re ich dir, wie du Pferde und Vieh krank und darauf- hin gegen Belohnung durch Beräuchern wieder ge- sund machen kannst.» Vor Gericht gab die Lorenzin zu Protokoll, dass ihr diese Vorstellung gut gefallen und sie nichts Schlimmes dabei gedacht habe. Als ihre ehemalige Nachbarin gemerkt habe, dass sie dem Ansinnen nicht abgeneigt war, habe sie ihr weitläufige Erklärungen gegeben und bald darauf auch einen «Buhlen» (Liebhaber) vorgestellt. Dieser habe ausgesehen wie ein schöner aufrechter Mann, habe gelbe Kleider und einen hohen roten Hut ge- tragen, sich Beizebock genannt und ihr viel Geld versprochen, wenn sie Gott, seine Mutter Maria und das ganze himmlische Heer verleugne. Obwohl sie diesem Ansinnen mit Ausnahme Mariens nachge- kommen sei, habe sie vom bösen Geist jedoch nie et- was erhalten. Seine Versprechungen seien nur Lü- gen gewesen. Damit hatte die Lorenzin einen Teufels- pakt gestanden. In der Urgicht ist zwar noch zwei weitere Male vom Teufel als einem Buhlen die Rede, die Verstärkung des Bundes durch einen Geschlechts- akt («Teufelsbuhlschaft») wird jedoch nicht näher ausgeführt. An konkreten Schadenzaubereien unterstellte man der Lorenzin, dass sie Christoph Weiss aus Bal- zers auf Geheiss des Teufels ein Pferd durch Besprit- zen mit Wasser zuerst krank gemacht und dann auf Weissens Bitten hin geheilt habe. Des Weiteren soll sie Jos Fritsch auf dieselbe Weise eine Kuh geschä- digt haben, die sie schliesslich durch Räuchern und mittels dreier magischer Tritte wiederum gesund gemacht habe. 
Im Bezug auf den Teufel musste die Angeklagte auch gestehen, dass sie auf dessen Anforderung hin an zwei Hexentänzen in einem Forst teilgenommen habe. Dorthin wollte die Frau aber nicht durch ei- nen Hexenflug gekommen sein. Sie erklärte viel- mehr nachdrücklich, sie habe sich das erste Mal al- leine und in vollem Bewusstsein - also nicht im Traum - dorthin begeben. Wie sie zum zweiten He- xentreffen gelangt sei, wisse sie aber nicht mehr. Je- denfalls gestand sie keinen Hexenflug. Somit konnten der Lorenzin der Teufelspakt, wahrscheinlich auch die Teufelsbuhlschaft, die Teil- nahme an zwei Hexentänzen und zwei zauberische Schädigungen von Tieren zur Last gelegt werden. Letztere hatte sie zwar selbst wiederum behoben, allerdings gegen Entlohnung. Nicht unbedeutend erscheint, dass die Frau mit einer Ausnahme keine weiteren Teilnehmer an den Hexentänzen denun- zierte. Nur ihre Verführerin zum Teufelsbund - Anna, die Ehefrau Paulin Willins zu Sargans - woll- te sie unter den Teilnehmerinnen an den beiden He- xentreffen gekannt haben. Bei den anderen wisse sie nicht, um wen es sich gehandelt habe. Anhand der vorliegenden Angaben ist es nicht möglich, den Prozess gegen die Lorenzin zeitlich ge- nauer in die bereits bekannten Verfolgungen einzu- ordnen. DER PROZESS GEGEN DIE GRÄFLICHE DIENERIN URSULA TANNERIN Ein weiteres, bislang irrtümlich ins 17. Jahrhundert datiertes Geständnis einer Frau findet sich im Liech- tensteinischen Landesarchiv.9 Gemäss dem Wasser- zeichen wurde das verwendete Papier in den achtzi- ger oder neunziger Jahren des 16. Jahrhunderts, aber jedenfalls nicht nach 1597 hergestellt.10 Der in den Aufzeichnungen erwähnte Vaduzer Hofmeister Daniel Wild aus Augsburg ist bereits 1585 in seinem Amt bezeugt.11 Wie lange er dieses ausübte, lässt sich nicht feststellen. Einen nützlicheren Anhalts- punkt bildet die Angabe, dass die gräfliche Dienerin Ursula Tannerin im Auftrag des Teufels auch ihren beiden Herrschaften samt deren Kindern Schaden 74
	        

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