Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2005) (104)

wappen. Sie stehen unter gesetzlichem Schutz. Die Nationalhymnen werden bei Staatsfeiern, feierli- chen Gelegenheiten mit nationalem Einschlag, bei diplomatischen Anlässen wie Besuchen von Staats- oberhäuptern usw. gesungen oder gespielt. In letz- terem Fall ertönen sowohl die Nationalhymne des Besuchers wie auch die des Besuchten. Auch bei internationalen Sportereignissen pflegen die ge- genseitigen Hymnen gespielt zu werden. Neuer- dings erfolgt dies auch im Rundfunk und Fernse- hen bei staatswichtigen Anlässen. In einigen deut- schen Radiosendern wird die Hymne auch bei Sen- deschluss abgespielt. Seit Oktober 2004 wird dies auch im Sender «Radio Liechtenstein» praktiziert. Vorläufer der Nationalhymnen sind die mittel- alterlichen kirchlichen Hymnen und Kampflieder, wie etwa die Hymne «Media in vita in morte sumus» des St. Galler Mönchs Notker Balbulus (der Stamm- ler; 840-912), die von den Schweizern in der Schlacht bei Sempach gesungen wurde, oder Mar- tin Luthers (1483-1546) «Ein' feste Burg ist unser Gott». Auch die Hymne auf Heinrich IV. von Frank- reich, den berühmten Hugenottenführer (1553— 1610), «Vive Henri Quatre, vive ce roi vaillant» oder das niederländische «Geusenlied», das man als die erste inoffizielle Nationalhymne bezeichnen kann, seien hier genannt. Nicht zu vergessen ist auch das grossartige Loblied auf Deutschland «Ich han der Lande viel gesehen» des Walter von der Vogelweide (um 1170-1230). Nach den musikalischen Charak- teristika können die Staatslieder in sechs Gruppen eingeteilt werden:4 1. Hymnen Sie folgen dem Vorbild der kirchlichen Hymnen, ha- ben einen würdigen, ruhigen Rhythmus und eine feierliche, erhabene Melodie. Vorbilder sind die englische Hymne «God Save the King (Queen)» und die von Josef Haydn (1732-1809) im Jahr 1797 komponierte Kaiserhymne «Gott erhalte Franz den Kaiser». 2. Märsche Zusammen mit der ersten Gruppe umfasst sie die grösste Zahl der Nationalhymnen. Die ältesten die- ser Art sind Spaniens «Marcha real» (1770) und 
die in der Nacht vom 24. zum 25. April 1792 in Strassburg vom Pionier-Hauptmann Claude Joseph Rouget de Lisle (1760-1836) verfasste «Marseillai- se», die ursprünglich als Kriegslied der Rheinar- mee gedacht war, aber sich sehr schnell grosser Beliebtheit erfreute und schon am 15. Juli 1795 zur französischen Landeshymne erklärt wurde. Ihr zündender Marschrhythmus wurde zum Vorbild anderer, den kämpferischen Charakter betonenden Nationalhymnen. Ein typisches Beispiel dieser Grup- pe ist auch die italienische Hymne «Fratelli d'Italia, s'e desta», die von Goffredo Mameli (1827-1849) geschrieben und von Michele Novaro (1822-1885) vertont wurde. 3. Opernhafte Hymnen Die Melodien dieser Hymnen sind stark beeinflusst vom italienischen Opernstil des 19. Jahrhunderts. Sie fanden besonders in Mittel- und Südamerika grossen Anklang. In Italien gilt der Gefangenenchor «Va pensiero» aus der Oper «Nabucco» von Giu- seppe Verdi (1813-1901) auch heute noch als inof- fizielle Nationalhymne. Das gleiche gilt bezogen auf Finnland für die Hauptmelodie der «Finlandia» von Jean Sibelius (1865-1957). 4. Volkslieder Volksliedhafte Landeshymnen sind in mehreren österreichischen Bundesländern bekannt. In Vorarl- berg z.B. «Du Ländle meine Heimat», komponiert 1905/6 von Anton Schmutzer (1864-1936). Aus der nationalen Volksmusiktradition entstandene Nationalhymnen sind in einzelnen osteuropäischen Ländern, vor allem aber in fernöstlichen Ländern, wie Japan, Burma, Tibet und Sri Lanka verbreitet. 5. Fanfaren Diese Art von Hymnen, die nicht viel mehr als ei- nen rein instrumentalen Tusch ohne Text umfas- sen, sind fast nur in den ölproduzierenden Ländern des Nahen Ostens wie Bahrein, Katar, Kuweit und die Vereinigten Arabischen Emirate anzutreffen. 6. Ausschnitte aus klassischen Werken Diese Art von Hymne wird bisher nur für interna- tionale oder supranationale Organisationen ver- wendet. Als Beispiel dafür gilt die «Europahymne», 14
	        

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