Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2005) (104)

Laurenz Janscha und Josef Ziegler. Blick von der Allee nach Lundenburg auf die Stadt Feldsberg, um 1800. Die am Fusse des Reisten- berges gelegene Stadt wird vom Schloss der Liechten- stein überragt. Von hier ausgehende kilometerlan- ge Alleen wurden 1799 mit Linden und Tannen neu bepflanzt und führten durch die Kulturlandschaft in die Orte des Riesenbe- sitzes, so nach Lunden- burg, Rampersdorf und Eisgrub. stellte. In grossen Schaugärten wurden die Pflanzen wissenschaftlich bearbeitet und der Öffentlichkeit zu Bildungszwecken zugänglich gemacht. Dass sich aus diesem vordergründig gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Handeln auch eine neue Kunst- form herleiten lässt, ist symptomatisch für die Ge- schichte und zu wenig Teil einer immanent kunst- historischen Denkweise. Im Denken und Handeln am ehesten mit einem Landadeligen um 1800 vergleichbar, versuchte Fürst Aloys eine Gratwanderung: Fern aller politischen Ämter zog er sich scheinbar selbstgenügsam auf den privaten Besitz zurück, wo er Herrschaft über die Ländereien und Untertanen ausübte. Nicht un- kritisch, aber staatserhaltend, humanistisch den- kend, aber seinem Stand verpflichtet, mit einem neuen Verständnis für Verantwortung gegenüber seinen Angestellten, aber doch an grundherrlichen Privilegien festhaltend, war Aloys im Elfenbeinturm seiner Ambitionen gefangen: Er hielt an den Tradi- tionen fest, um sich nicht ersetzbar zu machen, gleichzeitig distanzierte er sich vom Bild des Feu- dalherren des Barock, um Besitz und Stand nicht zu gefährden. In «heiterer Vernunftfreiheit» förderte 
er die Bildung der Landbevölkerung, gab karitative Geschenke an seine Untertanen und strukturierte den Grundbesitz im Sinne des Nützlichen und Ästhetischen als «Reich im Kleinen», der Muster- landwirtschaft. Auch die Natur wurde rational um- gestaltet. Es galt hierbei keine hohe Kunstschöpfung zu kreieren, sondern Gartenkunst und botanische Forschung in den Dienst nützlicher Landschaftsge- staltung für das Gemeinwohl zu stellen. In diesem Handeln kommt er Forderungen des so genannten Kulturstaates von Schiller und Humboldt nahe. Bil- dung und Kunst als Leitvorstellung des menschli- chen Strebens sollte auf die aus ihrer Sicht geschei- terte Revolution antworten. Die Gartenkunst galt in diesem ganzheitlichen Denken als vielseitigste Kunstform, verband sie doch Architektur, Plastik, Landschaftsgestaltung und Na- tur zu Bildern. Ferner hielt man die Gartenkunst für am fähigsten, Nützlichkeit ästhetisch zu gestalten, denn der Garten wurde als Teil der Güterökonomie betrachtet. Die aus England stammende Idee der or- namental farm, die Landschaft, Landwirtschaft, exotische Bäume und herrschaftlichen Besitz mu- stergültig verband, entsprach dem deutschen ratio- nal aufgeklärten Zeitgeist, in dem das Nützliche und 130
	        

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