Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2005) (104)

DIE GÄRTEN DES FÜRSTEN ALOYS VON LIECHTENSTEIN / STEFAN KÖRNER häuschen im Sternwald, um 1798), einer Vanitasar- chitektur (Ruinentor im Sternwald, um 1798, wohl Joseph Hardtmuth) über barocke Chinoiserien (Chi- nesische Pagode und Chinesischer Gondelhafen im Tiergarten, 1795, loseph Hardtmuth) bis zu rich- tungsweisenden revolutionsklassizistischen Kleinst- bauten (Badhaus auf der Plaka, 1794/95, Joseph Hardtmuth). Die Bauten bildeten meist die Schluss- punkte der Schneisen des barocken Jagdsternes, dessen Zentrum der Monopteros des Sterntempels (1794/ 95, Joseph Hardtmuth) war. KOMPARTIMENTGÄRTEN Die Gartenanlagen wurden in den barocken Partien vereinfacht beibehalten und schrittweise um neue Gartenteile enorm vergrössert. Diese standen je- doch in keinem kompositorischen Gesamtkonzept, sondern als Einzelgärten unterschiedlicher Ausprä- gung nebeneinander: So befand sich im so genann- ten Eisgruber Naturgarten eine kleingliedrige Engli- sche Anlage inmitten einer Französischen Partie, grenzten moderne belt walks an das Parterre. Es entstand ein landschaftlicher Waldpark (ab 1790) noch bevor die formale Anlage des so genannten Tiergartens um das Schwanenbassin (ab 1793) die- ser vermeintlichen Entwicklung zum Landschafts- garten Einhalt gebot. Bewusst wurden diese Kom- partimentgärten jedoch nicht durch eine LIauptallee verbunden, da sie als barockes Relikt und Spiegel- bild des feudalen Zentralismus angesehen werden konnte. Mit der Einführung der exotischen Nutzhölzer und dem wachsenden Wissen um deren optimale Standortverhältnisse ist ab zirka 1800 in den Gärten eine rasante Entwicklung abzulesen. Zunächst wur- den die Mutterpflanzen im noch barock geprägten Garten in Plantagen angebaut (1801), die sich dann als «künstliche Grouppen»84, den clumps, zu land- schaftlichen Elementen weiterentwickelten. Die Umgebung der Gartenbauten und die natürlich vor- gegebenen Topographika werden mehr und mehr mit Exoten irregulär, Stimmungen entsprechend, bepflanzt. Anregungen hierzu lassen sich in den 
Schriften von William Chambers, Christian-Cajus- Lorenz Hirschfeld, Gottfried Grohmann, Schiller und Goethe finden und folgen einem veränderten Ästhetikempfinclen. Neue Bauten, Brücken, Wege und Bepflanzungen wurden nun in ihrer Unter- schiedlichkeit bewusst kontrastreich eingesetzt und unterstreichen somit die zeitgenössisch geforderte variete. Mit den in den Eisgruber und Feldsberger Gärten integrierten Nutzhölzern, den Obstwäldern des Fürsten, die systematischer Gehölzkunde dien- ten, den bewahrten Anlagen des Barock und den neuen landschaftlichen Erweiterungen verband sich der Naturgarten nun programmatisch mit der umgebenden Landschaft zu einer ornamental farm patriotisch-deutschen Gepräges. Die Plaka, eine Fläche am nördlichen Übergang des Eisgruber Gartens in die Landschaft, ist hierfür charakteristisch: Die neu gestaltete Prospektallee (1796) westlich des Gartens bot auf der von Brünn kommenden Strasse zum fürstlichen Schloss be- wusst eingesetzte Blicke in den Naturgarten mit for- malen (Tiergarten, ab 1792) und Englischen Partien (halbmondförmiger Teich, 1803), auf einen patrio- tisch konnotierten Gedenkobelisken (1797/98, Jo- seph Hardtmuth), den gewaltigen Türkischen Turm (1797 bis 1802, Joseph Hardtmuth) aber auch in die Flusslandschaft der Thaya mit landwirtschaftlichen Flächen und der exotischen Ausländerei. Dem Rei- senden wurde somit Gartenkunst des Fürsten, Ge- schichte des Landes, Exotik fremdländischer Archi- tektur, die Natur und ökonomische Nutzung einer Kulturlandschaft mustergültig und in mannigfalti- gen Bildern vor Augen geführt. Die zeitlich rasch aufeinander folgenden Verän- derungen der Gartenflächen zeigen, dass sich die Ideen zur Anlage eines Englischen Gartens schnell wandelten und sich nur langsam dem klassischen Bild des Landschaftsgartens im 19. Jahrhunderts näherten. 84) Eisgruber Amt an Ignatz Holle und Joseph Lieska, 7. Dezember 1802; HALW. Hofkalnzel. Sig.; G-3/52. 115
	        

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