Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2005) (104)

Ferdinand Runk. Fhrenhof des Schlosses Eisgrub in Mähren, um 1815. Der dreiflügelige Sommer- sitz der Fürsten Liechten- stein wurde zwischen 1766 bis 1772 durch Isidor Gan- neval klassizistisch umge- baut. Durch das erst nach 1805 geöffnete Durchfahrt- stor des Schlosses wird der Blick auf den Türkischen Turm gelenkt, der baulicher Höhepunkt des grossen Eis- gruber Naturgartens des Fürsten Aloys war. die Französische Revolution. Euphorische Äusse- rungen, wie: «Lednice grounds were ... inspired by the fashionable Chinese garden of William Cham- bers»,71 greifen zu kurz, da Eisgrub - wie die mei- sten deutschen Gärten dieser Zeit - keine primär ästhetische Theorie verfolgt. Vielmehr können die Anlagen als Versuch eines Hocharistokraten gese- hen werden, mit Nützlichkeits- und gemeinschaft- lich-partiotischem Denken auf die epochale Umwäl- zung von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft zu reagieren. Es zeigt sich in der Kombination von konservativen mit modernen Ideen der künstleri- schen Gestaltung und inhaltlichen Begründung ei- ner Gartenanlage die Janusköpfigkeit der Zeit im Epochenwandel. Aloys zeigt sich den Traditionen verhaftet, denn sonst macht er sich ersetzbar. Er muss aber auch seine Funktion im aufkommenden bürgerlichen Gemeinwesen neu definieren, sonst gefährdet er seinen Stand und Besitz. 
NATURGARTEN ZWISCHEN SCHÖNHEIT UND NÜTZLICHKEIT Bei den Arbeiten, die ab Beginn der 1790er Jahre einsetzten, handelte es sich nicht um eine Umgestal- tung, sondern um eine Erweiterung des Vorhande- nen. - 1571 wird erstmals von der Veste und dem Garten Eisgrub der Familie Liechtenstein gespro- chen. Aus dieser Zeit stammten die Anlagen, die sich am abfallenden Terrain nördlich des Schlosses zur Thaya hin erstreckten. Unter Fürst Karl Eusebi- us (1611 bis 1684) entstanden mit dem zweiteiligen Parterre vor dem Schloss Springbrunnen und reiche barocke Gartenanlagen sowie im Nordosten ein Schneisenstern im angrenzenden so genannten Sternwald. - Aloys I. liess den vorhandenen Garten nicht abräumen, um einen gänzlich neuen zu gestal- ten, sondern suchte nach Integration des Bestehen- den in den neuen «Eisgruber Naturgarten».72 Es ist die Eigenheit der deutschen Gärten - bekanntestes Beispiel ist Schwetzingen -, dass sich die zeitgenös- sischen englischen Ideen zum Landschaftsgarten Ende des 18. Jahrhunderts mit den barocken Mus- 106
	        

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