Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2004) (103)

zugunsten der Wohlfahrtkasse des Vereins Berliner Presse gegeben» worden war.44 Hitler, der am 30. Ja- nuar 1933 Reichskanzler wurde, fand erst im Reichs- tagsbrand vom 27. Februar 1933 den Anlass für die Notverordnung vom 28. Februar 1933, welche die wichtigsten Grundrechte ausser Kraft setzte und am 6. März 1933 zur Einstellung einer ganzen Reihe von Presseorganen führte-unter ihnen auch des eben zi- tierten «8 Uhr-Abendblatts». DAS GLÜCK KEHRTE IHNEN DEN RÜCKEN: DIE STIMME DER GLÄURIGER Das Schicksal der Rotter-Theater wurde am Diens- tag, 17. Januar 1933 innerhalb weniger Stunden be- siegelt. Der Verband deutscher Bühnenschriftsteller und Bühnenkomponisten E.V. und die Verein der Bühnenverleger fühlten sich von den Verhandlungen der wichtigsten Gläubiger mit den Banken ausge- schlossen,45 und die sogenannte Zentralstelle der Bühnen-Autoren und -Verleger G.m.b.H., die unter ihrem Geschäftsführer Richard Bars für den Tantie- meneinzug etc. zuständig war und die Ansprüche der Mitglieder vertrat,46 hatte zu einer Pressekonferenz eingeladen, an der sie enthüllte, dass die Gebrüder Rotter trotz bislang 41 Prozessklagen mit der Bezah- lung von Tantiemen und von Rollen- und Musikma- terial mit 100 000 Mark im Rückstand seien. Ange- prangert wurde auch das «Geschäftsgebahren» im «größten europäischen Theaterkonzern»47 und die vertragslosen Aufführungen in der Provinz: «Die Bühnenkomponisten und Bühnenschriftsteller ha- ben jede Rücksicht aufgegeben, weil die Gebrüder Rotter durch ihre Verschleppungstaktik ein Entge- genkommen unmöglich gemacht haben.»48 Am sel- ben 17. Januar hatte die Eigentümerin des von den Rotter-Brüdern gepachteten Metropol-Theaters Konkursantrag wegen seit Ende Dezember 1932 aus- stehender Mietzahlungen gestellt. Das «Metropol»-Theater bereitete den Brüdern Rotter am meisten Probleme. Sie hatten es nur ge- pachtet, seit Ende Dezember 1932 waren sie mit der Miete im Rückstand, es drohte sogar das Abstellen des elektrischen Lichts - denn am 30. Dezember 
1932 erwies sich die Premiere der Operette mit dem fast flehentlichen Titel «Hundert Meter Glück» als Misserfolg und erbrachte tägliche neue Verluste. Mit ein Grund für das Desaster war die fatale Ab- hängigkeit der Rotter von der Abonnementgesell- schaft «Gesellschaft der Funkfreunde», ohne deren Vorschüsse schon seit 1931 überhaupt nichts mehr lief. Ausgerechnet die «Gesellschaft der Funk- freunde», die pro Karte eine Reichsmark verdiente,49 weigerte sich aber laut Pressemeldungen, ihren Mit- gliedern diese Operette zuzumuten. Auch die auf den 25. Dezember 1932 angesetzte Weihnachts-Premie- re im Lessing-Theater, mit der adaptierten Jacques Offenbach-Operette «Liebling von Paris» fiel durch und musste nach einer letzten Aufführung am 15. Ja- nuar 1933 abgesetzt werden. Das «Berliner Tage- blatt» schrieb am 27. Januar 1933: «Der Rotter-Konzern wäre nicht zusammengebro- chen, wenn nicht Henschke nach dem Misserfolg der Operette (Hundert Meter Glüch im Metropol-Thea- ter und nach dem Misserfolg des (Lieblings von Paris> gesagt hätte: (In diese Theater schicke ich kein Mit- glied der Gesellschaft der Funkfreunde. Das ist nichts für meine Leute>. Und wenn er nicht gleichzei- tig erklärt hätte, dass er deshalb auch keine weiteren Kredite geben könne. Dadurch wurde es, obgleich (BallimSavoyy im Großen Schauspielhaus einen, täg- lichen Reingewinn von 2000 Mark erbrachte.... den Rotters unmöglich, am 15. Januar dieses Jahres die Schauspielergagen in ihren verschiedenen Theatern zu bezahlen.» Die Dezembergagen des Jahres 1932 konnten an den Rotter-Bühnen noch bezahlt werden,50 dank eines al- lerletzten Vorschusses der «Gesellschaft der Funk- freunde», «etwa um Neujahr herum».51 Zu erhalten gewesen war dieser Vorschuss aber nur gegen die (vermutlich voreilige und aus einer Panik heraus er- folgte) Zedierung der Einnahmen52 aus dem vor Sil- vester im Grossen Schauspielhaus gestarteten Er- folgsstück «Ball in Savoy».53 Dies wendete die Katastrophe aber nicht mehr ab, sondern führte sie im Gegenteil erst herbei. Denn der «Ball im Savoy» wurde zum grössten Zugstück Ber- lins seit langem. Vor diesem letzten Endes katastro- 42
	        

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