Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2004) (103)

ZUR ERSTVERÖFFENTLICHUNG DES ROSENBAUM- PLÄDOYERS / PETER KAMBER SCHEITERN IM GLANZ DES ERFOLGS: STIMMEN ZUM KONKURS Der Zürcher Rechtsanwalt Wladimir Rosenbaum1 sei dem überlebenden Fritz Rotter bei der bereits im Mai 193.3 erfolgten Flucht aus Liechtenstein2 behilflich gewesen, behauptete der ehemalige Portier des Va- duzer Waldhotels «Liechtensteiner Hof».3 Als Fritz Rotter am 6. November 1934 in der Nähe von Nizza verhaftet wurde und die Anklagekammer von Aix-en- Provence am 22. Dezember 1934 beschloss,4 ihn an Deutschland auszuliefern, erfolgte in der längst gleichgeschalteten deutschen Presse eine letzte gros- se Kampagne.5 «Abrechnungmit Fritz Rotter. Wider- legung der Lüge vom <verfolgten Emigranten) », hat- te «Das kleine Journal. Das Berliner Wochenblatt für Theater, Film, Musik» am 21. Dezember 1934 geti- telt. Und das Wochenblatt fuhr fort: «Fritz Rotter selbst hat der französischen Behörde gegenüber ein gewaltiges Lügenmärchen vorge- bracht, indem er sich als ein verfolgtes politisches Opfer bezeichnet und die Rolle eines bedauernswer- ten Emigranten zu spielen versucht.... Diesen lügen- haften Behauptungen Fritz Rotters tritt nun Richard Bars, der Leiter der Zentralstelle der Bühnen-Auto- ren und - Verleger, überzeugend, entgegen, indem er an Hand genauer Daten und Tatsachen den bündi- gen Nachweis erbringt, dass alles, was Fritz Rotter dem französischen Staatsanwalt erzählt hat, eitel Geflunker ist. Es ist auch dafür gesorgt worden, dass man in Frankreich die wahren Zusammenhänge im Fall Rotter gründlich kennenlernt. Sowohl die fran- zösische Autorengesellschaft in Paris, als auch die Behörden und die mit dem Fall befasste französische Staatsanwaltschaft sind eingehend dahin unterrich- tet worden, dass die Angelegenheit des Fritz Rotter mit Politik nichts, aber auch rein gar nichts zu tun hat, sondern lediglich von der kriminellen Seite aus betrachtet werden muss.» Ausgerechnet derselbe Richard Bars von der Zen- tralstelle der Bühnen-Autoren und -Verleger hatte mit einer Pressekonferenz in Berlin am 17. Januar 1933 die Pleite des Rotter-Bühnen-Konzerns über-1) 
Kamber, Peter: Geschichte zweier Leben. Wladimir Rosenbaum und Aline Valangin. Zürich, 1990 (erweiterte Neuauflage 2000 und 2002). S. 130—134. - Vgl. die neuen Forschungen zur sogenannten «Rotter- Affäre 1933» von Geiger. Peter: Krisenzeit. Liechtenstein in den Dreissigerjahren 1928-1 939. Vaduz. Zürich, 1997 (zweite durchgese- hene Aullage: Vaduz. Zürich. 2000). Bd. 1. S. 342-358, und Bd. 2, S. 54-63. sowie von Bellasi. Andreas; Riederer, Ursula: Alsleben, alias Sommcrlad. Zürich, 1997. S. 97-114. Mein spezieller Dank geht an Vreni und Norbert Haas, Hansjörg Quaderer und Roman Banzer vom Liechtensteiner Literaturhaus. Ihre Initiative setzte die Recherchen erst wieder in Gang. 2) Dieser Flucht gingen mehrwöchige Bemühungen Fritz Rotters voraus, in einem anderen Land Aufnahme zu finden. Die Fürstliche Regierung half ihm dabei. So schrieb Regierungschef Josef Hoop der fürstlich liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern am 20. April 1933. Fritz Rotter «möchte zur Erholung in irgendein südeuropäischees Land oder auch nach England übersiedeln. Eine Heilung seines durch den FntfülirungsversLich sich zugezogenen Leidens ist hier kaum zu erwarten, da Rottor in beständiger Angst lebt, es könnte ein neuer Überfall auf ihn unternommen werden». - Liechtensteinisches Lan- desarchiv (LLA), V2/2171 und RF 131/409; vgl. auch Bellasi, Andreas: Riederer. Ursula: Alsleben. alias Sommerlad, S. 110; ich danke Vreni Haas sowie Rita Toblcr-Ebcrlc vom Liechtensteinischen Landesarchiv für ihre Hilfeleistungen. - Die Bemühungen von Fritz Rotter richteten sich dann auf Frankreich. Die Antwort des Eidgenössischen Politischen Departements war aber am 24. Mai 193.3 «ausstehend» (LLA, V2/2171). Tatsächlich blockier- ten die Schweizer Stellen und der Schweizer Gesandte in Paris die Demarche erheblich (Schweizerisches Bundesarchiv. E 2001 (F.) 1969/262; Bd. 37). 3) Landosarchiv Berlin. A Rep. 358-02. Akten der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht I Berlin. Strafsache gegen Schaie genannt Rotter wegen Konkursverbrechens). - im Folgenden abgekürzt: LA Berlin. A Rep. 358-02 -. Nr. 108614. Bl. 208 f. (Ludwig Fischbacher, Denunzia- tion vom 8. Dezember 1934 aus München). Der ehemalige Portier, der inzwischen Wirt geworden war. schrieb: «Ich war dann noch Fritz Rottors Beschützer bis zu (?) seiner Flucht, aus Vaduz, welche durch Hilfe von Rechtsanwalt Rosenbaum Zürich, nach Frankreich zustande kam. Da ich die Sache genau kenne, den ganzen Verlauf, und auch weiß, wieviel ungefähr Fritz Rotter in Sicherheit gebracht hat, unter welchen Namen, und auf welcher Bank alles deponiert worden ist. so glaube ich. dass Sie einen großen Schritt vorwärts kommen könnten. Dass das keine Phantastereien sind, kann ich versichern, denn ich war als Portier des (Haluses fast intimer Vertrauter, auch schon als noch Frau u. Alfred Rotter lebten. Und nach dem Überfall in Gallei. durfte zu Fritz Rotler niemand mehr als ich, vom ganzen Hause. ... Mit deut- schem Gruß d-leil Hitlei» Ludwig Fischbacher». 4) Archivos Departementales. Depot Annexe, Aix-en -Provence, Arret de la chambre d'aecusation de la Cour d'appel d'Aix-en-Provenco 22 decembre 1934, 160 U 123; die öffentliche Anhörung hatte am 4. Dezember 1934 stattgefunden. 5) LA Berlin. A Rep. 358-02. Nr. 112765 (kleine Serie von Pressestim- men). 31
	        

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