Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2004) (103)

ZUR ERSTVERÖFFENTLICHUNG DES ROSENBAUM- PLÄDOYERS / KLAUS BIEDERMANN für schuldig befunden wurden, was zu unbedingten Kerkeraufenthalten führte. Mildernde Umstände33 bewirkten, dass die Gefängnisstrafen recht gnädig ausfielen: Rudolf Schädler erhielt ein Jahr, Peter Rheinberger neun, Eugen Frommelt fünf und Franz Roeckle vier Monate Gefängnisstrafe. Noch vor der Verurteilung wurden in ganz Liechtenstein über 700 Unterschriften für die Angeklagten gesammelt mit der Absicht, den Fürsten zu einer Begnadigung der Täter zu bewegen.30 Roeckle und Frommelt verbüss- ten ihre Gefängnisstrafen zur Gänze, währenddem Rheinbergerund Schädler im Sommer 1933 eine von Protesten begleitete Haftunterbrechung erhielten. Der Fürst begnadigte schliesslich im November den 20-jährigen Rheinberger nach Verbüssung von zwei Dritteln der Strafe, während gleichzeitig auf gericht- lichen Antrag hin Rudolf Schädler auf Probezeit ent- lassen wurde. Letzterer hatte die Hälfte der Strafzeit abgesessen.37 Rainer Nägele ist insofern Recht zu ge- ben, als der Fürst eine Begnadigung ausgesprochen und das Gericht die ziemlich milden Haftstrafen noch zusätzlich verkürzt hatte. Gerichtlich belangt wurden die vier Liechtensteiner Straftäter aber sehr wohl - ob sie dabei ihre gerechte Strafe erhielten, das sei da- hingestellt. Schwerer als manch ungenaue Darstellung zum Tathergang wiegt indes die Verklärung der Täter- persönlichkeit des Rudolf Schädler. Auf die Würdi- gung dieser «Künstlerpersönlichkeit mit vielseiti- gen Begabungen und Neigungen»38 in Form eines Bildbandes wurde bereits hingewiesen.39 Darüber hinaus wurden im Jahr 1972 dem «sensiblen Künstler»40 drei Briefmarken gewidmet, auf denen von ihm gestaltete Plastiken aus Baumgebilden zu sehen sind.41 Hans Jörg Rheinberger indes liess ei- nige persönliche Beobachtungen in sein nachfol- gend zitiertes Gedicht einfliessen. Bemerkenswert ist, dass er hier auf etwas Eingegrabenes und Ge- heimnisvolles verweist, das in Zusammenhang mit der Person des Wurzelschnitzers stehe. Unschwer können diese Zeilen mit Rudolf Schädler in Verbin- dung gebracht werden: 
Gaflei Dort hockte der Alte dort vor dem Eingang schnitzte Wurzeln und. trank Enzian. Aus der Küche kam Suppenduft auf den Fluren roch es nach Holzwachs. Auf dem moosenen Dach wuchs ein Geheimnis. Man sagte, er habe da die Edelraute eingegraben. 33) Rainer Nägele: Fort - da. Gibt es eine liechtensteinische Iden- tität? In: NZZ Folio. Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung. Nr. 8: In Liechtenstein. Zürich. August 1996, S. 46-52, hier S. 48. 34) Das Rosenbaum-Plädoyer ist abgedruckt in: JBL 103 (2004), S. 69-95. 35) Guter Leumund der Angeklagten. Eingeständnis der Schuld, «vaterländische» Tatmotive sowie der Umstand, dass die Tat «unter der Einwirkung der grossen gegenwärtigen Zeitströmungen und Ideengänge besonders in Deutschland begangen wurde». - Vgl. Geiger. Krisenzeit. Band 1. S. 350. 36) Ebenda, S. 350 f. 37) Ebenda, S. 351. 38) Vgl. Frömmelt. Josef (Red ): Lieder von Rudolf Schädler. Vaduz. 1994. 39) Siehe dazu Anmerkung 22. 40) Vgl. Ansprache von Harald Wanger zum 80. Geburtstag von Ru- dolf Schädler. In: Allgäuer. Robert (Red.): Rudolf Schädler. Musik und Baumgebilde. Vaduz, 1989. S. 122-124. 41) Die Briefmarkenreihe ist abgebildet ebenda, S. 185. Dazu kommt noch die Weihnachtsbriefmarke dos Jahres 1970, die eine von Ru- dolf Schädler geschnitzte Madonna mit dem Jesuskind zeigt (vgl. Abb. ebenda auf S. 184). 42) Rheinberger, Hans Jörg: Stundenhaufen. 77 Gedichte. Mit Illus- trationen von Regina Marxer. Eggingen. 1993, hier S. 71. 25
	        

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