Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2004) (103)

1912 1917/18 1918 Anhand der seit 1912 er- scheinenden liechtenstei- nischen Briefmarken mit Darstellung von Motiven und Personen des Fürstli- chen Hauses Liechtenstein wurden die monarchische Ordnung und deren gere- gelte Fortführung öffent- lich dokumentiert. Seitdem in neuerer Zeit vermehrt fotografische Vorlagen für Porträtmarken verwendet wurden, verstärkte sich die Illusion, dass damit der Öffentlichkeit Einblicke in das «private Familienal- buzn» gewährt wurden. 
1920 1920 BILD UND KÖRPER Zunächst muss geklärt werden, was gemeint ist, wenn von <Bild> und <Körper> des Fürsten die Rede ist. Sinnvollerweise wird als Bild nicht das blosse Ab- bild, die gemalte figurale Darstellung oder eine Foto- grafie, bezeichnet. Bilder sind vielmehr als sprach- lich verfasst zu verstehen. «Geschichte zerfällt in Bil- der, nicht in Geschichten», hält Walter Benjamin in seinem Passagenwerk fest,! und diese Einsicht gibt auch unserer Untersuchung die Richtung vor. Bilder im Sinne Benjamins sind sprachliche Bilder, Denkbil- der: «Dialektik im Stillstand».4 Sie bilden nicht ge- treulich ab, sondern sind als Ähnlichkeitskonstella- tionen zu verstehen. Das Faszinierende solcher hi- storischer Bilder gründet darin, dass sie - weil in ih- nen Vergangenheit und Gegenwart zusammentref- fen - wie mehrfach belichtete Fotos funktionieren, verschiedene Bilder in sich bergen können und auf diese Weise ungleichzeitige Situationen im selben Augenblick darzustellen vermögen. Vergleichbar sind solche Denkbilder mit Traumbildern im Sinne Sigmund Freuds, die nichts weniger darstellen als das vermeintlich Dargestellte und die nur den einen Sinn verfolgen: Die Zensur des nie ganz schlafenden Bewusstseins zu umgehen und auf andere Bedeutun- gen zu verweisen.5 Wie wertvoll dieser Bildbegriff für die historische Analyse ist, lässt sich exemplarisch an der Tatsache ermessen, dass es somit möglich wird zu erklären, weshalb einzelne historische Bilder für unterschied- liche politische Argumentationen als Belege dienen können. Bilder - beschrieben als «Dialektik im Still- stand» - vermögen selbst gegensätzliche Verweise aus verschiedenen Zeiten in sich zu bergen. Die Figur eines Wilhelm Teil beispielsweise konnte von revol- tierenden Untertanen im schweizerischen Bauern- krieg von 1653 genauso überzeugend als Leitbild verwendet werden wie von Pariser Bürgern wäh- rend der Französischen Revolution oder von vater- ländischen Vereinen in der Schweiz des 19. Jahrhun- 194
	        

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