Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2004) (103)

Art. 4: «Gli stranieri ebrei che, alla data di pubbli- cazione del presente decreto-legge, si trovino nel Regno, in Libia e nei Possedimenti dell'Egeo e che vi abbiano iniziato il loro soggiorno posteriormente al 1. gennaio 1919, debbono lasciare il territorio... en- tro sei mesi dalla data di pubblicazione del presen- te decreto.»27 Das betraf eigentlich auch die Liechtensteinerin Va- leska von Hoffmann. Sie hätte einfach nach Liech- tenstein ziehen können. Doch sie blieb in Meran, und zwar vorerst unbehelligt. Die Juden in Italien mussten sich nämlich bei der Zählung von 1938 sel- ber angeben. Zwar wurden viele, die dies unterlies- sen, von andern Personen gemeldet. Valeska von Hoffmann allerdings taucht im Namensverzeichnis des «censimento», der Judenzählung von 1938, nicht auf. Federico Steinhaus gibt in seinem Buch alle Namen der damals in Meran offiziell gezählten jüdischen Personen wieder, Frau von Hoffmann ist nicht darunter.28 Sie hatte sich offensichtlich nicht als Jüdin gemeldet und war auch nicht als solche an- gezeigt worden. Dass sie jüdischer Herkunft war, wussten aber einzelne Personen, wie sich später zeigen sollte. Vorläufig war sie durch ihren einfluss- reichen und «arischen» Gatten geschützt. Vorerst wurden die Rassengesetze in Italien auch noch nicht rigoros umgesetzt. Allerdings betrieben die faschistischen Zeitungen bereits eine ständige antisemitische Hetze.29 Ein eigenes staatliches Ras- senamt in Rom, die «Direzione Generale per la De- mografia e la Razza», kurz «Demorazza» genannt, betrieb die Aussonderung der Juden aus Gesell- schaft und Wirtschaft.30 Eine «italienische Rasse», «la razza italiana», wurde postuliert und der «he- bräischen» entgegengesetzt. Das zeigt etwa das Ti- telblatt der Zeitschrift <La Difesa della Razza> (<Die Verteidigung der Rasse>) vom August 1938: Bildlich wird dargestellt, wie das zahlenmässige Verhältnis zwischen Italienern und Juden sein solle: «...non un ebreo sopra ogni mille italiani», nicht mehr als ein Jude auf 1000 Italiener.31 Nach der Entfesselung des Krieges durch Hitler im September 1939 erneuerten italienische Zeitun- gen die antijüdische Hasskampagne.32 Die Politik 
gegenüber den Juden im faschistischen Italien be- inhaltete und verfolgte bis zum Sturz Mussolinis ihre vielfältige rechtliche, wirtschaftliche und sozia- le Entrechtung, jedoch - im Unterschied zu Hitler- deutschland - nicht die Vernichtung der Juden.33 Meran, wegen seines Klimas beliebt, in Italien ge- legen, aber deutschsprachig, hatte Kurgäste und Rentner - wie die Familie Floffmann - angezogen. In Meran lag auch ein jüdisches Sanatorium für Tuber- kulosekranke. Als bekannte jüdische Persönlichkei- ten, die Meran vor und nach 1900 zeitweilig als Kur- gäste aufsuchten, sind etwa Paul Heyse, Arthur Schnitzler, Stefan Zweig (letztmals 1913), Franz Kafka (im Jahre 1920, am Roman «Der Prozess» ar- beitend), Sigmund Freud (letztmals 1923) und Chaim Weizmann (im Jahre 1923) zu nennen.34 In der Zwischenkriegszeit kamen zahlreiche Juden aus dem ehemaligen Österreich-Ungarn und aus Deutschland für kürzere oder längere Aufenthalte nach Meran, ab 1933 viele bereits auf der Flucht vor dem LIitlerregime und mit der Absicht, weiter zu emigrieren. Darunter waren auch solche Personen, welche sich noch aus deutscher Haft hatten freikau- fen können. Bevor die italienischen Judengesetze verlautbart wurden, lebten 1938 in Meran über 1000 Juden, da- von waren rund ein Drittel Ausländer (356), die Hälfte (556) waren als Mitglieder der israelitischen Gemeinde eingeschrieben.35 In ganz Italien lebten 1938 rund 60 000 Juden. Als Folge der erwähnten italienischen Rassengesetze setzten sich noch viele Juden ins Ausland ab, so weit ihnen dies möglich war.36 1939 lebten in ganz Südtirol noch rund 340 Ju- den. Nach dem italienischen Kriegseintritt an der Seite Hitlers 1940 verblieben in Meran rund 80 jüdi- sche Personen. Im Sommer 1943 waren es noch gut 60. Unter diesen waren Alte oder Kranke. Einzelne konnten nicht wegziehen. Andere erwarteten nicht das Schlimmste.37 Zu letzteren gehörte auch Valeska von Hoffmann. Doch es kam zum Schlimmsten, und zwar unvermittelt, innert weniger Wochen im Som- mer 1943. 108
	        

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