Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2003) (102)

Vaters. Damit scheint er sich der Aufgabe des KünstJermäzens entzogen zu haben, die eine wich- tige Funktion im privaten Sammlertum einnahm. Der Fürst war aber nichtsdestoweniger Stifter des Künstlerhauses und gehörte «... zu denjenigen kunstsinnigen Männern die stets bereit waren, wenn es galt, der heimischen Kunstübung helfend zur Seite zu stehen».321 Ein weiterer Punkt unter- scheidet den Fürsten von den Privatsammlern des 19. Jahrhunderts: Er war kein Auftraggeber für neue Werke, das heisst, er nahm keinen Einfluss auf die Bildentstehung. In den meisten Fällen verliessen sich die Samm- ler des 19. Jahrhunderts nicht allein auf das eigene Urteil, sondern zogen Kunstkenner als Berater hin- zu. Diese waren bei der Akquisition von Kunstwer- ken als Agenten tätig322 und garantierten durch ihre Kennerschaft auch die Wissenschaftlichkeit und damit den Wert der Sammlung. Für König Lud- wig I. übernahm der Künstler Johann Georg von Dillis diese Funktion,323 Graf Schack wurde von ei- nem grösseren Kreis von Bekannten, Freunden und Künstlern beraten.324 Johann II. hingegen verliess sich hauptsächlich auf Wilhelm von Bode. Bode hatte die wissenschaftliche Bearbeitung der Samm- lung übernommen, Kunstankäufe in die Wege ge- leitet und den Fürsten in zahlreiche Ausstellungen begleitet. Es hat sich gezeigt, dass der Fürst die Samm- lung der Wiener Biedermeiermalerei persönlich und nach eigenen Vorstellungen zusammengestellt hatte. Leider hielt er diese Tatsache nie schriftlich fest. Weder in den Galeriekatalogen, die Johann nur in grossen Abständen erstellen liess, findet sich ein einleitendes Wort des Fürsten zur Sammlungs- absicht, noch äusserte er sich zu seiner Sammel- motivation in einer gesonderten Schrift oder erläu- terte etwa in Briefen sein Sammlungsziel. Ganz an- ders die Sammler Schack in München oder Ra- czynski in Berlin: In seinem Galeriekatalog legte Schack sowohl die Entstehungsgeschichte als auch seine Prinzipien, die er in der Gemäldegalerie ver- wirklicht hatte, dar. Raczynski machte in seinem Katalog Angaben zu den Erwerbungsumständen eines Werkes und zitierte Quellen dazu.325 
Johann II. war in eine lange Tradition des Sammlertums hineingeboren. Er war Besitzer ei- ner Sammlung, die von ihren Anfängen als fürstli- che Kunst- und Wunderkammer zur standes- gemässen, fürstlichen Umgebung im Palast wurde. Schliesslich wurde sie dem öffentlichen Publikum als Museum und damit als Bildungsstätte geöffnet. In Anbetracht dieser Tradition erübrigt sich das Nachdenken über den Grund des Sammeins. Neu, und im Gegensatz zu aristokratischen Privatsamm- lern der Zeit, verfolgte Johann II. insbesondere wis- senschaftliche Ziele. Neben seiner eigenen Samm- lungsstrategie, die stets darauf bedacht war, kunst- historische Lücken zu schliessen, gipfelte sein wis- senschaftlicher Anspruch in den Bauplänen für ein eigenes Museum. Damit wären die Kunstschätze endgültig aus dem aristokratischen Umfeld eines Palastes genommen und stünden dem Betrachter und Forscher ohne jeden historischen Zusammen- hang zur Verfügung.326 72
	        

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